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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Was dahintersteckt Scheinschwangerschaft: Wenn der Körper ein Baby vorgaukelt
Die Symptome sind wie bei einer Schwangerschaft: Die Periode bleibt aus, der Bauch wird runder und sogar morgendliche Übelkeit kann auftreten.
Treten Schwangerschaftssymptome auf, obwohl im Bauch kein Baby wächst, spricht man von einer Scheinschwangerschaft. Die Symptome variieren bei den Betroffenen und können sich auch in Spannungsgefühlen in der Brust oder Stimmungsschwankungen zeigen. Wie das sein kann und was bei einer Scheinschwangerschaft im Körper passiert.
Was ist eine Scheinschwangerschaft?
Bei einer Scheinschwangerschaft, in medizinischen Fachkreisen Graviditas imaginata oder Graviditas nervosa genannt, bemerkt die Frau über mehrere Wochen bis Monate Anzeichen einer Schwangerschaft, obwohl sie nicht schwanger ist. Erst die Untersuchung beim Gynäkologen zeigt, dass keine Schwangerschaft vorliegt und die Psyche oder der Körper die Symptome einer Schwangerschaft vorgegaukelt hat.
Symptome der Scheinschwangerschaft
So können Betroffene einige oder mehrere der folgenden Scheinschwangerschaftssymptome zeigen:
- Die Periode bleibt aus.
- Der Bauch wächst.
- Das Gewicht nimmt zu.
- Morgendliche Übelkeit kann sich zeigen.
- Manche Frauen müssen erbrechen.
- Stimmungsschwankungen treten auf.
- Die Brüste spannen.
- Manchmal bilden die Brüste sogar Milch.
- Der Rücken schmerzt.
Manche Frauen verspüren sogar Bewegungen in ihrem Bauch und nehmen vermeintliche Wehen wahr. "Wie kann das sein?", fragen sie sich ratlos, wenn der Arzt keine Schwangerschaft bestätigen kann.
Scheinschwangerschaften: Kommt das oft vor?
"Scheinschwangerschaften sind in unseren Breitengraden sehr selten. In meinen 20 Jahren als Gynäkologin habe ich noch keinen Fall erlebt und auch bei Kollegen keinen solchen Fall mitbekommen. Das liegt auch daran, dass wir die Möglichkeit haben, über Schwangerschaftstests und ärztliche Untersuchungen sehr früh zu klären, ob eine Frau schwanger ist oder nicht, etwa wenn ihre Periode ausbleibt", sagt Gynäkologin Dr. Stephanie Eder vom Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF).
In Entwicklungsländern sei das anders. Da könne es eher vorkommen, dass eine Frau über einen längeren Zeitraum hinweg irrtümlich glaube, schwanger zu sein. Neben der oft fehlenden medizinischen Versorgung spiele auch der kulturelle Hintergrund eine gewichtige Rolle.
Psychische Ursachen der Scheinschwangerschaft
Bei von einer Scheinschwangerschaft betroffenen Frauen besteht oft ein enormer Leidensdruck. Zum einen, weil viele sich sehnlichst ein Baby wünschen, und zum anderen, weil es in ihrem Umfeld erwartet wird, dass sie ein Kind bekommen. Die Ursache einer Scheinschwangerschaft liegt daher häufig in einem sehr intensiven Wunsch begründet, Mutter zu sein. Doch der Kinderwunsch wurde bislang nicht erfüllt.
Ein anderer möglicher Grund kann sein, dass die Frau sehr große Angst davor hat, schwanger zu werden. Die Angst kann so enorm werden, dass sich Symptome einer Schwangerschaft entwickeln. Die Schwangerschaftsangst kann beispielsweise in einem traumatischen Erlebnis begründet sein.
"Es ist möglich, dass die Gefühle und der Stress, die mit dem Kinderkriegen verbunden sind, so stark ausgeprägt sind, dass der Körper über die Psyche tatsächlich dahingehend beeinflusst werden kann, dass er Anzeichen einer Schwangerschaft zeigt", sagt Eder. "Fast jede Frau hat es schon einmal erlebt, dass Emotionen und Druck den Zyklus beeinflussen können und sich beispielsweise die Periode verschiebt oder auch mal ganz ausbleibt. Das kann auch über einen längeren Zeitraum hinweg passieren."
Schwangerschaftsanzeichen durch Hormonungleichgewicht
Eine bedeutende Rolle bei vermeintlichen Schwangerschaftssymptomen spielt das Hormon Prolaktin, das in der Hirnanhangsdrüse gebildet wird. So kann ein erhöhter Prolaktinwert für das Ausbleiben der Regel, spannende Brüste und sogar die Sekretbildung der Brüste (Galaktorrhö) verantwortlich sein.
Besonders bei Stress gerate der Prolaktinwert oftmals aus der Balance, so die Expertin. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente, etwa Psychopharmaka, könne den Prolaktinwert erhöhen. Eine vermehrte Bildung der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen kann ebenfalls Symptome einer Scheinschwangerschaft begünstigen, etwa eine Gewichtszunahme, Wassereinlagerungen, Heißhunger und Stimmungsschwankungen.
Gynäkologin Dr. Stephanie Eder ist Expertin des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. (BVF) und arbeitet in einer gynäkologischen Gemeinschaftspraxis in Gräfelfing in Bayern. Als Mutter von drei Kindern liegt Dr. Eder insbesondere die Aufklärungs- und Präventionsarbeit mit Jugendlichen am Herzen.
Krankheiten als Ursache einer Scheinschwangerschaft
Des Weiteren können bestimmte Erkrankungen Beschwerden verursachen, die eine Schwangerschaft vermuten lassen. So können Übelkeit, Erbrechen oder eine Zunahme des Bauchumfangs auf Magen-Darm-Krankheiten, gutartige Geschwülste, hormonaktive Tumoren, Krebs oder Eierstockzysten zurückzuführen sein.
Eierstockzysten sind zudem eine häufige Ursache für eine ausbleibende Periode. "Mit einer Ultraschalluntersuchung lässt sich klären, ob sich tatsächlich eine befruchtete Eizelle in der Gebärmutter eingenistet hat oder ob die Ursache der Symptome woanders zu finden ist", sagt Eder.
Scheinschwangerschaft: Das hilft betroffenen Frauen
Abhängig vom Untersuchungsergebnis wird die Behandlung zusammengestellt. Ist die Scheinschwangerschaft auf psychische Ursachen zurückzuführen, können im Rahmen einer Psychotherapie die Beweggründe der Scheinschwangerschaft ergründet und aufgearbeitet werden.
Sind körperliche Ursachen der Grund, werden diese abhängig vom Auslöser therapiert. "Haben Frauen die Vermutung, schwanger zu sein, sollten sie sich untersuchen lassen, um Klarheit zu schaffen. Besonders in der Pubertät und in den Wechseljahren kommt es zu Hormonschwankungen, die den Zyklus beeinflussen und den Verdacht erwecken können, schwanger zu sein", sagt Eder.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Frauenaerzte-im-netz.de: "Anzeichen einer Schwangerschaft & Schwangerschaftstest". Online-Information des Berufsverbands der Frauenärzte e. V. (BVF). (Stand: 15. März 2018)
- gesund.bund.de: "F45: Somatoforme Störungen". Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit. (Stand: Aufgerufen am 19. Juli 2023)
- dimdi.de: "Psychische und Verhaltensstörungen". Online-Information des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). (Stand: 2019)
- pschyrembel.de: "Scheinschwangerschaft". Online-Information von Pschyrembel Online. (Stand: Aufgerufen am 19. Juli 2023)
- msdmanuals.com: "Galaktorrhö". Online-Information von MSD Manual. Ausgabe für Patienten. (Stand: September 2022)
- gesundheit.gv.at: "Prolaktin (PRL)". Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich. (Stand: 16. Dezember 2022)
- limes-schlosskliniken.de: "Scheinschwangerschaft – Wenn der Körper von Ängsten und Wünschen beeinflusst wird". Online-Information der Limes Schlosskliniken. (Stand: 7. November 2022)
- spektrum.de: "Scheinschwangerschaft". Lexikoneintrag von Spektrum. (Stand: 2000)