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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Aussicht auf Weihnachten Wer braucht vor dem Fest noch die vierte Impfung?
Zum dritten Mal in der Corona-Pandemie wird das Weihnachtsfest gefeiert. Ist 2022 endlich alles wieder normal oder wer braucht noch Schutz?
Die Corona-Zahlen sinken weiter, das Virus scheint in seiner Ausbreitung eingedämmt, die siebte Welle gebrochen zu sein. Klar ist: Die Grundimmunität in der Bevölkerung ist jetzt sehr hoch. Eine Studie erwies jüngst: 95 Prozent der Deutschen hatten bereits Kontakt mit dem Virus durch Impfung und/oder Infektion und haben Antikörper gebildet.
Einige Bundesländer haben bereits die Isolationspflicht für mit dem Virus Infizierte aufgehoben. Doch auch in diesen Ländern gilt weiterhin eine Testpflicht für alle, die Pflegeheime oder Krankenhäuser betreten wollen, für Infizierte herrscht ein Betretungsverbot in diesen Einrichtungen. Deutlich wird: Für einen Teil der Bevölkerung hat Corona seinen Schrecken noch nicht verloren. Was gilt nun aber, wenn man zum Fest die vorerkrankte Oma oder einen Angehörigen aus dem Pflegeheim einlädt?
Wie lange hält der Schutz durch Antikörper nach Impfung und/oder Infektion?
Das Manko der aktuellen Impfstoffe ist, dass ihr Schutz vor einer Infektion nach einiger Zeit abnimmt, nach sechs Monaten sinkt ihre Effektivität teils rapide. Besser sieht es bei den Menschen aus, die geimpft sind und zusätzlich infiziert waren. Bei ihnen bleibt der Schutz sehr viel länger sehr stabil. Beide Gruppen bleiben aber weiterhin hocheffektiv vor schweren Krankheitsverläufen geschützt.
Wie schnell eine erneute Ansteckung droht, ist jedoch unklar. Dies hängt auch davon ab, mit welcher Variante man zuletzt infiziert war, ob eine neue Mutante dominant ist und wie lange der Zeitpunkt der letzten Impfung und/oder Infektion zurückliegt. Christoph Spinner, Infektiologe am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, erklärte gegenüber der dpa, in den ersten vier bis zwölf Wochen nach der Infektion sei die Wahrscheinlichkeit, sich erneut anzustecken, reduziert. Ausgeschlossen ist es aber nicht.
Klar ist: Ein Infizierter kann das Virus weiterhin in die vulnerablen Gruppen einschleppen, wo es immer noch schwere Schäden anrichten kann – auch an Weihnachten. Diesen Risikogruppen wird die vierte Impfung zum Schutz empfohlen.
Für wen die vierte Impfung empfohlen wird
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt den vierten Piks u.a. allen über 60-Jährigen, Risikogruppen mit Vorerkrankungen, Immungeschwächten und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen. Zwischen dem ersten und dem zweiten Booster oder der letzten Infektion und der nächsten Impfung sollten dabei mindestens sechs Monate liegen.
Sollten sich auch unter 60-Jährige ein viertes Mal impfen lassen?
Hier verweisen Experten auf die individuelle Entscheidung des einzelnen. Der Immunologe Andreas Radbruch, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin, erklärt im Gespräch mit t-online: "Schaden wird es nicht. Ob es viel nützt, ist allerdings auch fraglich."
Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, erklärte dpa: "Die Stiko-Empfehlung lässt sich auch auf das Private beziehen." Ein Beispiel: Wenn die Stiko Pflegekräften zu einem weiteren Piks rät, kann der auch angebracht sein, wenn an den Feiertagen die 90-jährige Großmutter mit Vorerkrankungen mitfeiert.
Auf diese Menschen mit Vorerkrankungen besondere Rücksicht zu nehmen, dazu rät auch Andreas Radbruch dringend. "Besonders prekär wird es für Menschen, die nicht auf die Impfung anspringen, meist weil sie zum Beispiel an einer Autoimmunerkrankung leiden oder sich in einer Therapie befinden, bei der das Immunsystem unterdrückt wird, etwa während einer Krebstherapie." Diese Menschen ließen sich an Festen wie Weihnachten sehr schlecht vor einer Infektion schützen. Radbruch: "Hier könnten noch Tests oder Hygienemaßnahmen angeraten sein, aber selbst diese werden keinen ausreichenden Schutz bieten. Weihnachten lässt sich ja auch schlecht unter Hygienemaßnahmen feiern."
Wann wäre der richtige Zeitpunkt für die vierte Impfung zum Fest?
Jetzt. Julian Schulze zur Wiesch: "Am besten drei bis vier Wochen vor der Feier". Allerspätestens Mitte Dezember sollte die vierte Impfung erfolgen, wenn man vom vollständig aufgebauten Impfschutz an den Feiertagen profitieren wolle.
Empfohlen wird die vierte Impfung mit einem sogenannten bivalenten Omikron-Vakzin, also einem Impfstoff, der sowohl gegen die Ursprungsvariante als auch gegen die aktuell (noch) dominanten Omikron-Subtypen des Coronavirus wirkt. Betroffene sollten sich an ihren Hausarzt wenden, auch viele Apotheken bieten diesen Service an.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview mit Andreas Radbruch
- Nachrichtenagentur dpa
- Zwischenbericht Immunbridge Studie (Stand: 13. Oktober 2022)