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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mögliches Krisenkabinett Der geheime Plan in der Union
In der Union gibt es Überlegungen für den Fall, dass die Ampelkoalition tatsächlich bricht – inklusive eines möglichen "Krisenkabinetts". Überraschung: Sowohl Olaf Scholz als auch Friedrich Merz würden darin ihre aktuellen Jobs behalten.
Durch die Reihen der Union geht dieser Tage ein Geraune. Der Blick auf die zunehmend schwierige Lage in der Ampel versetzt viele in Unruhe. Und während die einen noch schimpfen und sich teilweise immer lauter über die Regierungsunfähigkeit der Koalition echauffieren, sind die anderen schon einen Schritt weiter.
Sie fragen sich: Was wäre, wenn die Koalition tatsächlich bricht? Wie t-online erfuhr, gibt es in der Union für den Fall schon sehr konkrete Ideen, bis hin zu Personallisten.
Immerhin scheint sich die Lage für Olaf Scholz weiter zuzuspitzen. Seit Monaten steckt die Ampel in der Krise. Der vom Verfassungsgericht gekippte Haushalt, die kränkelnde Wirtschaft und die zunehmende Belastung der Kommunen durch die steigende Zahl von Geflüchteten – das alles schlägt auf die Stimmung in der Koalition. Fast wöchentlich werden Streitereien in aller Öffentlichkeit ausgetragen.
Hinzu kommt die prekäre Lage in der Ukraine und die Tatsache, dass sich der Kanzler bislang weigert, Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Zu groß sei das Risiko, die Situation könne dadurch eskalieren und Deutschland Kriegspartei werden, so bislang das Argument. Allerdings veröffentlichte die russische Seite in der vergangenen Woche ein abgehörtes Gespräch zwischen deutschen Luftwaffenoffizieren über einen möglichen Einsatz des Taurus in der Ukraine, das den Anschein erweckt, Scholz sei entweder falsch informiert worden, oder habe bewusst falsche Argumente genannt.
Doch keine Neuwahlen? Das mögliche Krisenkabinett
In der Union gab es darum schon mehrfach den Aufruf, die Ampel müsse Konsequenzen ziehen. Erst schlug der CSU-Vorsitzende Markus Söder vor, Scholz solle die Grünen und die FDP hinauswerfen und mit der Union regieren. Dann kam die Forderung, der Kanzler müsse Neuwahlen ausrufen. Fast wöchentlich unterstreicht bei CDU und CSU einer, man sei bereit, die Wahl vorzuziehen.
Seit ein paar Tagen gibt es nach t-online-Informationen nun noch einen anderen Ansatz in der Union: die Möglichkeit eines "Krisenkabinetts". In diesem Szenario entscheidet sich die Union mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen gegen Neuwahlen. Die Konservativen würden stattdessen mit den Sozialdemokraten eine Koalition bilden und damit alle Ministerien übernehmen, die aktuell von Grünen und Liberalen geführt werden.
Interessant: Olaf Scholz bliebe dabei Kanzler, Friedrich Merz Fraktionsvorsitzender. So könnte der CDU-Vorsitzende in einem Jahr problemlos Wahlkampf machen, heißt es. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann soll demnach sein Amt behalten, um die kommende Bundestagswahl aus dem Konrad-Adenauer-Haus heraus vorzubereiten.
t-online liegt die komplette Liste der möglichen Unionsminister vor. Im Kabinett würde die SPD ihre Posten behalten, während die CDU sechs und die CSU drei Ministerien bekäme. Als Namen genannt sind dabei:
- Wirtschaft und Klimaschutz: Jens Spahn (CDU)
- Finanzen: Alexander Dobrindt (CSU)
- Außenministerium: Johann Wadephul (CDU)
- Verkehr: Steffen Bilger oder Sepp Müller (beide CDU)
- Landwirtschaft: Dorothee Bär (CSU)
- Frauen und Familie: Julia Klöckner (CDU)
- Umwelt: Andreas Jung (CDU)
- Justiz: Andrea Lindholz (CSU)
- Bildung: Nadine Schön oder Nina Warken (beide CDU)
Alles nur Gedankenspielchen? Ein neuerlicher Versuch, in der Ampelkoalition Unruhe zu stiften und sie zu entzweien? Womöglich. Denn dass die Ampel tatsächlich bricht, ist aktuell eher unwahrscheinlich. Auch in den Reihen der CDU/CSU-Fraktion rechnet man nicht ernsthaft damit.
Mit der Liste geht es der Union wohl eher darum, zu zeigen, man sei für den Fall der Fälle auch vorbereitet, könne dann schnell agieren. Zumal es in der Union auch jene geben soll, die zufrieden wären, wenn wie geplant im Herbst 2025 gewählt wird.
Denn besonders die CDU hat sich gerade erst von ihrem eigenen Tief erholt. Die Führungsfrage ist nicht richtig geklärt. Mit der anstehenden Europa- und den Landtagswahlen steht einiges bevor. Und eigentlich wollte man jetzt über Inhalte sprechen. Und nicht schon wieder über Personen.
- Eigene Recherche