Olympiasieger 1972 Deutsches Speer-Quartett hofft auf großen Wurf
Doha (dpa) - Speerwurf-Gold geht nach Deutschland - dieser heiße Tipp ist München-Olympiasieger Klaus Wolfermann gar nicht schwergefallen.
Thomas Röhler, Johannes Vetter oder Andreas Hofmann? "Einer von den Dreien wird Weltmeister. Wenn wir Glück haben, geht auch der zweite Platz an Deutschland. Wir haben da schon eine sehr starke Truppe", sagte der 73-Jährige der Deutschen Presse-Agentur vor der Leichtathletik-WM in Doha.
Im Münchner Olympiastadion holte Wolfermann 1972 zum großen Wurf aus und erkämpfte Olympia-Gold für die Bundesrepublik. Das Speerwurf-Finale im Khalifa-Stadion steigt am kommenden Sonntag, die Qualifikation einen Tag zuvor.
Bundestrainer Boris Obergföll hat sogar vier Asse im Ärmel: Auch der Mainzer Julian Weber ist in Doha am Start - aber nur, weil ihm der bereits nominierte Kollege Bernhard Seifert sein WM-Ticket praktisch schenkte. Der Fairplay-Preis dürfte dem 26 Jahre alten Potsdamer sicher sein. Findet auch Wolfermann. "Das ist einzigartig, sehr groß. Das zeigt Charakter ohne Ende", sagte der Franke, der heute in Penzberg bei München lebt. "Ich würde mir wünschen, dass das öfter passiert, vor allem im Fußball."
Was war da los? Nach gutem Saisonstart ging Seiferts Leistungskurve nach unten. "Ich wusste irgendwann nur sicher: So willst du nicht zur WM fahren", schrieb er bei TrueAthletes. "Denn da war ja auch noch Julian Weber. Ich wusste, er ist in Form. Ich wusste, er hat es verdient, zur WM zu fahren. Deshalb habe ich meinen Platz frei gemacht", schilderte er. "Es war die wohl schwierigste Entscheidung in meinem bisherigen Sportlerleben."
Mit guter Laune sind Obergföll und sein Männer-Quartett angereist. "Die Jungs sind alle fit, gut drauf, die Stimmung ist gut. Wir freuen uns drauf, dass es jetzt endlich losgeht", sagte der ehemalige Weltklasse-Speerwerfer und Ehemann von Ex-Weltmeisterin Christina Obergföll. "Es war so eine lange Saison, die will man auch mal zum Abschluss bringen. Alles super! Wir freuen uns." Da Vetter als Weltmeister von 2017 eine Wildcard hat, dürfen sogar vier deutsche Speerwurf-Asse im Khalifa-Stadion mitmischen.
Rio-Olympiasieger Röhler findet die Vergabe der WM ins Golf-Emirat Katar alles andere als optimal für die olympische Kernsportart. "Die ersten Tage waren ernüchternd, das war schon traurig. Jetzt hat man geschafft, das alles ein bisschen lauter und bunter zu machen", sagte der 28-Jährige aus Jena am Donnerstag in Doha. Die Aussage von IAAF-Präsident Sebastian Coe, dass die Leichtathletik in alle Länder müsse, "die teile ich zwar", sagte der Europameister. "Ich wünsche mir aber eigentlich, dass wir künftig in Stadien gehen, wo das gemacht wird, wofür wir leben - die Leichtathletik."
Titelverteidiger Vetter hat in einer schwierigen Saison ein starkes Comeback hingelegt. "Vor einem Jahr ist bei mir vermutlich ein Stück Knochen am Fuß abgebrochen. Ich fahre trotzdem mit gutem Rückenwind nach Katar", sagte der 26 Jahre alte Offenburger im SWR-Fernsehen. Fünf Tage nach dem WM-Finale muss Vetter unters Messer. Die Operation wird arthroskopisch durchgeführt und dauert "vielleicht 20 Minuten", sagte der Bundestrainer. "Fünf, sechs Wochen danach kann Johannes wieder Gas geben."
Röhler rechnet wieder mit einer Überraschung. "Eine Handvoll Favoriten kriegen wir schnell zusammen. Aber die Glaskugel haben wir alle nicht zu Hause. Johannes ist stark zurückgekommen und definitiv als Mitfavorit zu sehen", sagte der 28 Jahre alte Thüringer. "Auch Julius Yego hat jetzt wieder 87 Meter geworfen", sagte Röhler mit Blick auf den Kenianer, der 2015 überraschend Gold holte. "Mein Trainer Harro Schwuchow hat allen vor der WM in Doha nur gesagt: Wartet mal ab! Das Zitat finde ich gut."