Bei Riesenslalom-Comeback Endlich "vollendet": Super-Comebacker Luitz genießt Coup
Beaver Creek (dpa) - Auf solche Glücksmomente haben Stefan Luitz und das deutsche Skiteam jahrelang gewartet - und nach den Rückschlägen der jüngsten Tage und Wochen war der Coup des famosen Rückkehrers noch befreiender.
Der erste Weltcup-Sieg in Beaver Creek, eine wilde Schampusdusche auf dem Podium, Erinnerungsfotos mit einem Adler und Glückwünsche von Kollegen und Kontrahenten: Der 25-jährige Allgäuer kostete nach dem Sieg am Sonntag alles aus. "Es ist unbeschreiblich", sagte Luitz, dessen Grinsen nach dem Happy End einer fast einjährigen Verletzungspause breiter nicht hätte sein können. Für den DSV war der Sieg vor allem nach dem Saison-Aus von Thomas Dreßen viel wert.
"Unglaublich, das war wirklich ein Wahnsinns-Comeback", lobte Bundestrainer Mathias Berthold, "jetzt haben wir eine Riesen-Gaudi". Was für ein Stimmungsaufheller nach der niederschmetternden Diagnose Kreuzbandriss für Abfahrer Dreßen nur 48 Stunden zuvor. Berthold unterstrich auch in der Euphorie von Luitz' Premierensieg im Riesenslalom, dass es ihm für Dreßen "extrem leid" tue. Aber "wenn man mit so einem super-schönen Erfolg heimfliegen kann, tut das schon gut", sagte der Coach der Deutschen Presse-Agentur.
Nach guten Trainingseindrücken im Sommer und Herbst hatte der Deutsche Skiverband einen Rückschlag nach dem anderen kassiert: Eine Daumenblessur stoppte Felix Neureuther in seinem Comeback-Plan, Slalom-Hoffnungsträgerin Marina Wallner riss sich das Kreuzband und wird ebenso wie Dreßen den Rest der WM-Saison verpassen. "Wir haben zuletzt schon zu kämpfen gehabt, das war nicht lustig", sagte Alpin-Chef Wolfgang Maier. "Dieser Sieg ist erleichternd für uns."
Dank Luitz sowie Viktoria Rebensburg und Kira Weidle, die am Wochenende in Lake Louise zwei dritte Plätze einfuhren, lässt sich der Rückkehr nach Europa mit den anstehenden Rennen in Val d'Isère (Männer) und St. Moritz (Frauen) viel entspannter entgegenblicken.
Vor allem Luitz' Story liest sich wie ein Märchen: Im Dezember 2017 war er in bestechender Form, als er sich das Kreuzband riss und den Rest des Olympia-Winters verpasste. In der Reha aber ackerte er fleißig, motiviert auch vom Kitzbühel-Sieg Dreßens. "Das war ein sehr harter Weg. Man muss geduldig sein. Aber ich habe gewusst, dass ich stärker zurückkommen kann", sagte der Sportler vom SC Bolsterlang.
"Stefan ist es von Herzen zu vergönnen, weil er einen der schwersten und steinigsten Wege im Weltcup hatte", sagte der österreichische Olympiasieger und Riesenslalom-Dauerchampion Marcel Hirscher, der in den Rocky Mountains Zweiter wurde. Neureuther stellte ein Foto online, das die beiden Teamkollegen im Dezember 2017 nach ihren Kreuzbandrissen zusammen in einem Klinikbett zeigt. "Das war vor fast einem Jahr und jetzt stehst du ganz oben auf dem Podium", schrieb Neureuther zu dem Instagram-Eintrag. "Glückwunsch mein Freund."
Neben Verletzungen - der Kreuzbandriss aus der Vorsaison war bereits der zweite in Luitz' Laufbahn - hatten den Sportsoldaten auch immer wieder vermeidbare Fehler zurückgeworfen. Mit schusseligen Patzern ließ Luitz viele Top-Platzierungen und gar Siege liegen, bei Olympia in Sotschi etwa fädelte er im ersten Lauf nach Top-Zwischenzeit am letzten Tor völlig unnötig ein. Vor drei Jahren vergab er just in Beaver Creek den möglichen Sieg kurz vor dem Ziel. Alpin-Chef Maier bezeichnete seinen Schützling lange als den "Unvollendeten".
Die Zeiten aber sind vorbei, nach Max Rieger 1973 in Mt. St. Anne (Kanada) und Neureuther 2014 in Adelboden (Schweiz) trug sich Luitz als dritter Deutscher in die Riesenslalom-Siegerliste des Weltcups ein. "Vielleicht brauchen manche Dinge eine gewisse Reife", sagte Maier und ergänzte lachend: "Jetzt ist er erstmal vollendet."