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WM 2014: DFB-Elf fürchtet leeren Akku wegen hoher Intensität


Intensiver als gedacht
DFB-Team: "Hoffentlich reicht der Akku"

Von t-online
Aktualisiert am 24.06.2014Lesedauer: 3 Min.
Im ersten WM-Gruppenspiel sorgte er für die herausragenden Chancen. Im zweiten Spiel gegen Ghana wirkte Thomas Müller zeitweise erschöpft und frustriert, ob der vergebene Möglichkeiten.Vergrößern des Bildes
Im ersten WM-Gruppenspiel sorgte er für die herausragenden Chancen. Im zweiten Spiel gegen Ghana wirkte Thomas Müller zeitweise erschöpft und frustriert, ob der vergebene Möglichkeiten. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Aus Santo André (Brasilien) berichtet Thomas Tamberg

Seit 2009 werden im deutschen Fußball "Chancen kreiert", dass es nur so kracht. Mittlerweile ist dieser Ausdruck ein feststehender Begriff geworden. Bis dahin wurden in Deutschland rund ein Jahrhundert lang Chancen lediglich "herausgespielt". Typisch deutsch, möchte man sagen. Und so fantasielos. Aber das war einmal. Erfinder des Ausdrucks ist Louis van Gaal, der seinerzeit als Bayern-Trainer lediglich den feststehenden niederländischen Ausdruck "kansen creëren" etwas zu direkt ins Deutsche übersetzt hatte. Seit wenigen Tagen macht eine neue Wortschöpfung die Runde, die beste Chancen hat, sich längerfristig im deutschen Fußballsprech festzusetzen. "Zweigeteilte Mannschaft", heißt der Fachbegriff der Stunde.

Geprägt hat ihn dieses Mal nicht van Gaal. Der niederländische Nationalcoach ist derzeit damit beschäftigt, die FIFA zu beleidigen, was den Mann nicht gerade unsympathischer macht. Joachim Löw heißt in diesem Fall der Geburtshelfer. Mit "zweigeteilter Mannschaft" meint der Bundestrainer ein Team, bei dem ein Teil nur angreift und der andere Teil nur verteidigt, aber nichts gemeinsam funktioniert. Gegen Ghana warnte der 54-Jährige davor, dass es der Schlüssel zum Erfolg sei, eben keine "zweigeteilte Mannschaft" zu sein. Hinterher stellte sich heraus, dass das DFB-Team genau eine solche war.

Ungewollter Schlagabtausch

Daher entwickelte sich beim 2:2 gegen Ghana auch so ein offener Schlagabtausch. So etwas wollte man eigentlich beim DFB unbedingt vermeiden. Zumal man dazu das taktisch geschulte Personal hat und eigentlich vom Temperament nicht unbedingt dazu neigt, alle Vorgaben mal eben so über Bord zu schmeißen. Löw war daher fasziniert und erschrocken gleichermaßen, wie sehr seine Mannschaft den offenen Fight gegen die Afrikaner annahm.

Der deutsche Auftritt im zweiten Gruppenspiel ist allerdings kein Einzelfall. Fast alle Partien gehen hin und her, jede Mannschaft sucht zu jeder Zeit die Entscheidung, selbst Teams wie der Iran oder Algerien zeigen Angriffsfußball vom Feinsten. Und sogar die Griechen wurden nicht nur bei Standardsituationen im gegnerischen Strafraum entdeckt. Man kann jetzt schon sagen, dass diese WM eine der attraktivsten aller Zeiten ist. Taktisches Ballgeschiebe in den eigenen Reihen sieht man bis dato so gut wie nie. Angesichts der hohen Temperaturen eine Überraschung.

Deutscher Trainerstab hat sich geirrt

Das gab jetzt auch Hansi Flick zu. "Wir haben andere Spiele erwartet, das muss man ganz klar sagen", sagte Löws Co-Trainer. Nach der Auswertung der Confed-Cup-Spiele rechnete der deutsche Trainerstab nicht mit einem solchen generellen Hurra-Stil. "Wir hoffen, dass der Akku bis zum Ende reicht", sagte Flick angesichts der Tatsache, dass man in jedem Spiel über die Grenzen der Belastbarkeit hinausgehen muss. Nicht noch einmal wird man wohl so viel Glück haben, wie gegen Portugal, als man gegen zehn Mann und einer 3:0-Führung in die zweite Hälfte gehen konnte.

Doch wieso ist das so, dass alle Spiele in einem offenen Schlagabtausch münden und man den Eindruck hat, dass alle Spieler laufen, als gäbe es kein Morgen? Der Schein trügt, wie Jung-Nationalspieler Christoph Kramer im Gespräch mit t-online.de erklärt.

Der Schein trügt

"Es sieht nur ein Stück weit so aus, dass alle volle Pulle gehen, weil ab der 60. Minute bei jeder Mannschaft die Kräfte schwinden. Dann ist man nicht mehr konzentriert genug und hat viele Ballverluste", sagt der 23-Jährige und ergänzt: "Dann entsteht ein offener Schlagabtausch und deswegen sieht das Ganze nach hohem Tempo aus. Wenn man sich aber hinterher die Laufleistung anguckt, sieht man, dass die Intensität gar nicht so hoch ist, wie der Anschein glauben lässt."

In der Tat. So war zum Beispiel Toni Kroos gegen Portugal der laufstärkste Spieler im DFB-Dress. Das verwunderte sogar den Bayern-Star selbst. Allerdings sind seine 11,7 abgespulten Kilometer für ihn durchaus nicht schlecht und für dieses WM-Turnier auch ziemlich gut, allerdings wäre dieser Wert in einem normalen Bundesligaspiel gerade einmal durchschnittlich. Zum Vergleich: Kramer, Deutschlands laufstärkster Spieler, spult im Schnitt 13 Kilometer pro Bundesligapartie ab.

Löw überrascht erneut

Wie kräftezehrend die WM-Partien sind, zeigt eine andere Statistik eindrucksvoll. Nach rund der Hälfte der Spiele wurden schon 20 Jokertore erzielt. Bei der gesamten WM 2010 in Südafrika gab es am Ende nur 15 Jokertore.

Vor dem Turnier hat Löw nicht umsonst das Wort Startelf aus seinem Sprachschatz gestrichen und lieber von einer "ersten 14" gesprochen und hat die Einwechselspieler zu "Spezialkräften" ernannt. Noch so zwei Begriffe, die neu im Fußball sind. Auch sprachlich ist Löw bei dieser WM immer für eine Überraschung gut.

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