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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vor dem Clasico gegen Barca So hat Zidane Real Madrid zur Titel-Maschine gemacht
Real Madrid geht nur als Vierter in das Clasico gegen den Erzrivalen FC Barcelona – trotzdem schwärmen alle von Trainer Zidane, der mit der Klub-WM gerade seinen achten Titel von zehn möglichen geholt hat.
Trainer Zinédine Zidane hat sich bei Real Madrid innerhalb kürzester Zeit vom Co- zum Weltklasse-Trainer entwickelt. Trotz elf Punkten Rückstand auf Barcelona bei einem Spiel weniger sagt beispielsweise Reals ehemaliger Geschäftsführer Jorge Valdano: "Zidane ist ein Segen für Real." Warum, das erklärt Valeria Meta.
Die Kolumne von Valeria Meta über internationalen Fußball
Am 5. Januar 2016 saß Zinedine Zidane bei seiner ersten Pressekonferenz als Trainer vom Real Madrid. „Womit wären Sie am Ende der Saison zufrieden?“, fragte ihn ein spanischer Journalist. „Ganarlo todo“, erwiderte "Zizou". Das Ziel: „Alles gewinnen.“
Der erfolgreichste Trainer aller Zeiten
Weniger als zwei Jahre später ist genau dies dem Trainer tatsächlich gelungen: Mit acht Titeln in 23 Monaten ist er in Reals lange Geschichte als der erfolgreichste Trainer aller Zeiten eingegangen. Spanische Meisterschaft, spanischer Supercup, zwei europäische Supercup-Titel, zwei Champions League-Siege, zwei Fifa-Klub-Weltmeisterschaften: Unter ihm gewann Real acht von zehn möglichen Titeln.
Nun kann er zum ersten Coach der Geschichte der Königsklasse werden, der den Titel sogar dreimal in Folge holt. „Niemand rechnete mit ‚Zidane dem Trainer‘, nicht einmal ich selbst“, gestand Zidane vor einigen Monaten.
Die Zuversicht war gering
Aber wie hat er es geschafft, sich innerhalb so kurzer Zeit in einen Weltklasse-Trainer zu verwandeln? Genau durch das, was er in der schon erwähnten ersten Pressekonferenz 14-mal nannte: Arbeit – und zwar zuerst neben dem Feld und dann darauf.
Als Zidane im Januar 2016 die Stelle des gefeuerten Rafa Benitez bekam, war der Umgang mit den Spielern seine dringendste Aufgabe. Mit ihnen hatte der Spanier gar keine Beziehung aufbauen können, und wegen der dazu schwachen Ergebnisse war die Zuversicht in der Kabine extrem überschaubar.
Zidane zu den Spielern: "Genießt es"
"Zizou" musste die Spieler davon überzeugen, dass sie ihm vertrauen konnten. Die Medien blieben doch skeptisch: Wie konnte der scheue, introvertierte Zidane zu einem Zauberer der Kommunikation werden?
Um seine Stars besser kennenzulernen, führte er lieber Einzel- als Kabinengespräche, in den er den Spielern seine Leidenschaft für das Spiel mitgab. „Genießt es!“, sagte er in der Kabine kurz vor dem Anpfiff seines ersten Spiels als Trainer gegen Deportivo La Coruña. Real gewann mit 5:0.
Zidane stellte um
Auch wenn es um die Taktik ging, gab er immer nur wenige, aber klare Hinweise. Sein Ansatz: Mehr können die Spieler ohnehin nicht im Kopf behalten. Von Spiel zu Spiel gewann Real Madrid an Teamgeist und Zuversicht – denn genau das fehlte dieser Gruppe von Top-Spielern.
Nach der Niederlage im Derby gegen Atlético im Februar 2016 ging Zidane zum Klubpräsidenten Florentino Pérez und erklärte ihm, warum es sinnvoll war, Casemiro als Sechser aufzustellen. Indem der Brasilianer Luka Modric und Toni Kroos bei den Defensiv-Aufgaben unterstützte, fiel der Mannschaft das Offensivspiel deutlich leichter. Auch vor dem Elfmeterschießen im Champions-League-Finale gegen Atlético brauchte er nicht viele Worte: „Ich wünschte, ich könnte spielen“. Niemand verschoss.
Real hatte ein Fitnessproblem
Im Sommer 2016 erkannte Zidane eine verheerende Schwäche seines Teams: Die Kondition. Statt eines Top-Spielers verpflichtete er einen Fitnesstrainer, den Italiener Antonio Pintus von Olympique Lyon. Wegen der extrem harten Übungen gab es am Ende des ersten Tages der Vorbereitung Blut, Schweiß, Tränen und Erbrochenes. Doch das zahlte sich aus.
„Einen großen Teil unseres Erfolgs verdanken wir Pintus“, gestand Modric nach dem Sieg im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin. Und auch taktisch sorgte Zidane für eine Revolution: Vom 4-3-3 zum 4-4-2 mit Raute im Mittelfeld und Cristiano Ronaldo neben Karim Benzema oder Álvaro Morata im Angriff.
Weniger Abhängigkeit von Ronaldo
So hat sich Isco, der als Spitze der Raute agierte, zu einem der besten Spieler Europas entwickelt. Das hatte auch zur Folge, dass die „Ronaldo-Abhängigkeit“ etwas abgemildert wurde. In der Tat spielte der Portugiese zwischen Mitte März und Mitte Mai kein einzelnes Liga-Spiel.
Normalerweise würde er sich deswegen stark ärgern. Doch schon am Anfang des Jahres hatte ihn Zidane davon überzeugt, dass Rotation notwendig ist, damit er in der entscheidenden Phase der Saison in Top-Form sein kann.
Zidane kündigte seine Erfolge an
Wenn aber weder Ronaldo noch Isco oder der junge Marco Asensio genügten, konnte Real auch noch immer mit Glück rechnen, wie beispielsweise beim Champions-League-Achtelfinale 2016 gegen den AS Rom oder im Viertelfinale 2017 gegen Carlo Ancelottis FC Bayern, wo die „Blancos“ von klaren Fehlern des Schiedsrichters profitierten.
Mit acht Titeln in den ersten zwei Jahren als Trainer könnte Zidane schon an die Rente denken. 2003 sagte er in einem Interview: „Ich will die zehnte, elfte und zwölfte Champions League mit Real Madrid gewinnen“. Was er wirklich tat: Die zehnte holte er als Assistent von Carlo Ancelotti, die anderen als Chef-Trainer.
Die große Macht im europäischen Fußball
„Madrid ist nun die große Macht im europäischen Fußball“, sagte er den Spielern nach dem Triumph in Cardiff. „Aber morgen müssen wir das wieder zeigen“. Großes Ziel ist dann immer wieder die Champions League. Am Ende der Gruppenphase gewann man aber den Eindruck, dass dieses Jahr die Konkurrenz etwas stärker als sonst ist.
Doch Zizou bleibt ruhig und spricht noch immer leise. Schüchternheit macht Erfolg – insofern hat Zidane bei Real die Geschichte wirklich verändert.
Quelle und weiterführende Links:
- eigene Recherche