Heißes Duell Serbien gegen Schweiz - Shaqiri, Xhaka und Co. im Fokus
Kaliningrad (dpa) - Eigentlich ist der Post von Xherdan Shaqiri auf Instagram bereits einen Monat alt. Doch richtig hohe Wellen schlägt das Foto, das der Mittelfeldstar der Schweizer Nationalmannschaft dort am 23. Mai veröffentlich hat, erst jetzt.
Es zeigt zwei Fußball-Schuhe, den einen mit der Schweizer und den anderen mit der kosovarischen Flagge - und genau das macht das Bild vor dem WM-Spiel der Schweiz gegen Serbien in Kaliningrad am Freitag (20.00 Uhr MESZ) so brisant. Denn in Serbien werten sie Shaqiris Aktion als grobe Provokation. "Der Schweizer Spieler Shaqiri begann einen Sonderkrieg gegen Serbien", schrieb das Online-Portal Srbin.info.
In diversen Internetforen und in den sozialen Netzwerken fliegen die Giftpfeile hin und her. Vor allem in Albanien und im Kosovo schlägt die Partie hohe Wellen. Zwar sind die Albaner gar nicht bei der WM dabei, doch sie bezeichnen die Schweizer gerne als ihre Ersatz-Nati - schließlich stehen in Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri, Valon Behrami und Blerim Dzemaili gleich vier Spieler mit albanischen Wurzeln im Kader der Eidgenossen. "Wir werden diesen Serben zeigen, dass die Niederlage ein Teil ihrer DNA ist", schrieb das Online-Portal Albanian Soccer vor der Partie, die unter der Leitung des erfahrenen deutschen Schiedsrichters Felix Brych stehen wird.
Politischer Hintergrund der Rivalität: Serbien erkennt das Kosovo mit seiner 90-prozentigen albanischen Bevölkerungsmehrheit nicht als Staat an und will seine frühere Provinz zurückhaben. Am Sonntag versucht die EU wieder eine Vermittlung zwischen Serbien und dem Kosovo in Brüssel. Der Kosovo-Krieg in den Jahren 1998/99 hat tiefe Wunden in der Region und bei ihren Völkergruppen hinterlassen. Viele Kosovo-Albaner flüchteten in den Westen, zahlreiche in die Schweiz.
Wie groß der Hass zwischen Serben und Albanern ist, wurde 2014 im EM-Qualifikationsspiel zwischen beiden Ländern deutlich. Während der Partie in Belgrad flog eine Drohne mit der Fahne von Großalbanien über das Spielfeld, die der Serbe Stefan Mitrovic aus der Luft riss. Die Aktion sorgte für einen riesigen Tumult. Serbische Hooligans stürmten den Rasen, die Begegnung wurde abgebrochen und später am Grünen Tisch mit 3:0 für Albanien gewertet.
Xhaka, Shaqiri und Co. stehen daher am Freitag ganz besonders im Fokus. "Wenn sie so große Patrioten sind, warum spielen sie dann nicht für dieses Land?", sagte Serbiens Luka Milivojevic angesprochen auf Shaqiris Foto.
Doch insgesamt versuchen beide Seiten, die Brisanz aus dem sportlich eh schon eminent wichtigen und richtigweisenden Spiel zu nehmen. "Viele Leute denken, dass es hier um Politik geht und erwarten viel, vor allem weil ich aus dem Kosovo stamme - aber das ist jetzt nur ein Fußballspiel und nicht mehr", zitiert das serbische Online-Portal BlicSport Shaqiri.
Der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic - aus Bosnien-Herzegowina - ging vor dem Duell auf eine konkrete Frage zu dem brisanten Thema gar nicht ein, antwortete stattdessen: "Gegen Brasilien haben wir gut gespielt. Aber gegen Serbien müssen wir noch besser sein. Wir wollen gewinnen."
Auch Serbiens Nationalcoach Mladen Krstajic ist bemüht, den Blick auf das Sportliche zu lenken. "Ich bin aus einem Land mit mehreren Kulturen, aus Bosnien. Mein Vater ist Montenegriner, meine Mutter Serbin. Ich bin ein internationaler Mensch. Die Nationalität ist für mich nicht relevant, dafür aber, dass die Schweiz ein gutes Team ist - und ein extrem multikulturelles", sagte der ehemalige Profi von Werder Bremen und FC Schalke 04.
Nach ihrem Auftaktsieg gegen Costa Rica können die Serben mit einem weiteren Dreier bereits den Einzug ins Achtelfinale perfekt machen. Die Schweizer dürfen hingegen trotz ihres Achtungserfolges gegen Brasilien auf keinen Fall verlieren. "Der Punkt gegen Brasilien war nur der erste von vielen kleinen Schritten bei dieser WM", sagte Xhaka. Eigentlich war der frühere Gladbacher in dieser Woche im Schweizer Trainingscamp in Togliatti für eine Pressekonferenz angekündigt. Doch diese wurde dann wieder gestrichen. Wohl auch, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.