Hohe Erwartungen Brasilien-Coach Tite unter Druck - Neymar: "Fuß ist ruhig"
Sotschi (dpa) - Neymar ist wieder fit. Das ist die gute Nachricht für Brasilien. Die schlechte: Es gibt für die Seleção und Nationaltrainer Tite jetzt erst recht keine Ausreden.
Gegen Außenseiter Costa Rica muss am Freitag (14.00 Uhr) nach dem enttäuschenden 1:1 im ersten WM-Spiel gegen die Schweiz ein Sieg her. "Die Erwartungshaltung ist sehr groß", sagt Neymar. "Wir müssen sehr viel besser spielen als beim Auftakt."
Brasiliens Fußballverband CBF ließ zuvor am Mittwoch keine Gelegenheit aus, den Eindruck einer ausgezeichneten körperlichen Verfassung des 26-Jährigen zu verbreiten. Tags zuvor musste der teuerste Spieler der Welt das Training noch wegen Schmerzen am lange verletzten rechten Fuß abbrechen. Nicht nur unter den zahlreichen Journalisten in Brasiliens WM-Quartier in Sotschi wurde es da unruhig.
Rund 24 Stunden später veröffentliche die CBF aber in den sozialen Netzwerken schon wieder Fotos, auf denen der Angreifer in gewohnter Manier dribbelte. Anschließend verkündete der Star selbst in einem Verbandsvideo noch die erlösende Botschaft: "Der Fuß ist ruhig."
Dass Neymar darüber hinaus mittlerweile seine zuvor mit Spaghetti verglichenen Haare wieder hat kürzen lassen, fiel kaum noch ins Gewicht. Was aber nun umso mehr in den Fokus rücken wird, ist die Leistung gegen Außenseiter Costa Rica. Das 1:1 zum Auftakt gegen die bissigen Schweizer hat die Seleção irritiert. Dieses eine Ergebnis hat bereits gereicht, um die ersten leisen Zweifel an der bisher so erfolgreichen Amtszeit Tites etwas lauter werden zu lassen.
"Es hat lange gedauert", schrieb das eine breite Leserschaft erreichende Internetportal GloboEsporte.com. "Aber der Trainer der brasilianischen Mannschaft erlebt das erste Mal eine Phase der Unsicherheit - ausgerechnet zu Beginn der WM." Erst ein Spiel hat der 57-Jährige seit seinem Antritt im Sommer 2016 verloren, seit über einem Jahr ist die Mannschaft ohne Niederlage.
Das zählt in Brasilien aber nicht mehr. Weil weder Freundschafts- oder Qualifikationsspiele, sondern nur eine erfolgreiche WM die Schmach vom 1:7 gegen Deutschland bei der desolaten Heim-WM 2014 vergessen machen könnten. Und eine WM gilt für Neymar und Co. nur dann als erfolgreich, wenn sie gewonnen wird. Bei einer Niederlage gegen Costa Rica könnte Tite sehr wahrscheinlich schon seinen baldigen Abschied einplanen.
Angst haben die ebenfalls sieglosen Costa Ricaner jedenfalls nicht. "Es gibt noch zwei Spiele, und wir werden gewinnen", sagte Angreifer Joel Campbell. In einer FIFA-Umfrage auf Twitter sprachen sich in dieser Woche mehr als 50 Prozent der Teilnehmer dafür aus, dass die Ticos nach ihrer 0:1-Auftaktpleite gegen Serbien nun im Duell mit den Brasilianern voll auf Angriff setzen.
Das zumindest könnte Tite und seiner offensivstarken Mannschaft um Neymar, Willian oder Philippe Coutinho entgegen kommen. Denn dann hätte die Seleção möglicherweise die Räume, die sie gegen die Schweiz so sehr vermisst hat. "Wir kommen, um zu gewinnen", sagte Neymar. Das dürfte einen Großteil der über 200 Millionen Brasilianer in der Heimat beruhigen. Aber nichts wäre für Tite überzeugender als ein möglichst klarer Erfolg.