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Zum journalistischen Leitbild von t-online.So kurios lebte der "Kaiser" Wie Franz Beckenbauer als Spieler und Trainer beeindruckte
Nicht nur die Fußballwelt trauert um Franz Beckenbauer (†78). Die Erinnerung an ihn und unzählige Anekdoten werden für die Ewigkeit bleiben. t-online erzählt einige ganz besondere.
Die Fußballwelt trauert um Franz Beckenbauer, der am Sonntag im Alter von 78 Jahren im Kreise seiner Familie gestorben ist. Das letzte Kapitel des bewegten Lebens des "Kaisers", der einstigen Lichtgestalt des deutschen Fußballs, ist damit zu Ende geschrieben. Als Spieler, Trainer und Funktionär hat er den FC Bayern, die deutsche Nationalmannschaft und den Fußball insgesamt geprägt wie wohl kein anderer.
Über ihn gibt es unzählige Geschichten zu erzählen, die für immer bleiben werden. t-online erinnert an sieben besondere.
Eine schicksalhafte Watschn: Diese legendäre Ohrfeige, die nicht weniger als die Fußballgeschichte umschrieb, fing sich der Kaiser vom König ein.
Und die Geschichte dazu geht so: Der damals zwölf Jahre alte Franz traf mit seinem Jugendklub SC 1906 aus Obergiesing im Münchner Stadtderby auf den TSV 1860. "Beckenbauer war mein Gegenspieler. In einer Szene foulte ich ihn ziemlich hart, da warf er mir einige deftige Beleidigungen an den Kopf", erinnerte sich Gerhard König, der als eigentlich talentierter Torhüter in der Verteidigung aushelfen musste, zurück: "Ich wartete, bis der Schiedsrichter sich wegdrehte, und verpasste ihm die Watschn."
Eine Watschn mit fußballhistorischen Folgen. "Es war eigentlich klar, dass ich zu Sechzig gehe", erzählte der im Arbeiterstadtteil Giesing als glühender Löwen-Fan aufgewachsene Beckenbauer später, "aber nach der Watschn habe ich gesagt: Zu dem Verein gehe ich nicht." Statt zur damals klaren und erfolgreichen Nummer eins der Stadt zu gehen, schloss sich Beckenbauer dann lieber dem FC Bayern an, einem noch eher besseren Provinzklub. "Es war einfach Schicksal, dass wir beide aneinandergeraten sind und ich ein Roter wurde und kein Blauer."
Ein Spaziergang in Rom: Ob man das WM-Finale 1990 in Italien miterlebt hat oder nicht, diese Szene nach dem Finale im Stadio Olimpico in Rom hat jeder vor Augen, als wäre er selbst dabei gewesen. Beckenbauer lief – mit den Händen tief in seinen Hosentaschen vergraben und der Goldmedaille um seinen Hals baumelnd – allein und gedankenverloren über das Spielfeld.
Beckenbauers Alleingang ist längst zum Sinnbild für die "Novanta", wie die 90er-Weltmeisterhelden ihren historischen Triumph gerne nennen, und damit zu einem Stück Fußballgeschichte geworden. Was Beckenbauer damals bei seinem Spaziergang in Rom durch den Kopf ging? "Ich kann keine Antwort darauf geben", sagt er: "Ich weiß es nicht, bis heute nicht."
Weltmeister als Spieler und Trainer: Nach dem Europameistertitel zwei Jahre zuvor krönte sich der Kaiser 1974 bei der Heim-WM als Kapitän der Nationalelf zum Weltmeister – und das auch noch in seinem "Wohnzimmer", dem Münchner Olympiastadion. 1990 wiederholte er diesen Triumph dann als Teamchef in Rom (siehe oben).
Lange Zeit war Beckenbauer neben dem Brasilianer Mario Zagallo, der als Spieler 1958 sowie 1962 Weltmeister wurde und die Seleção 1970 dann auch als Coach zum WM-Titel führte, der Einzige, dem der dieses Kunststück gelungen war.
Nachdem Didier Deschamps, der 1998 als Spieler im eigenen Land Weltmeister geworden war, die Équipe Tricolore genau 20 Jahre danach als Coach in Moskau zum Titel führte, ist er nun der Dritte, der diesem elitären Klub angehört.
Der Schuss vom Weißbierglas: Beckenbauer gewann als Spieler alles, was man gewinnen kann, schoss unzählige Traumtore und setzte mit seiner eleganten, bisweilen fast arrogant wirkenden Art, Fußball zu spielen, neue Maßstäbe. Dass ihm wirklich alles, woran er sich versucht, gelingt, zeigte der Kaiser aber in einer ganz speziellen Disziplin.
Bei seinem legendären Besuch 1994 im Sportstudio ließ sich Beckenbauer beim obligatorischen Torwandschießen den Ball auf einem Weißbierglas bereitlegen – und versenkte ihn natürlich auch unten rechts.
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Wie schwierig ein solcher Kunstschuss ist, musste auch Bayern-Star Thomas Müller feststellen, der sich knapp 17 Jahre später daran versuchte und das Ziel knapp verfehlte. Der Schuss vom Weißbierglas ist und bleibt eben die absolute Königs-, pardon: Kaiserdisziplin!
Manndeckung im eigenen Team: In 565 Spielen für den FC Bayern erzielte er 66 Treffer und lieferte 75 Vorlagen. Für die Nationalelf machte er in 103 Partien 14 Tore. Beckenbauer traf gelegentlich aber auch mal ins eigene Tor.
1975 unterlief ihm dieses Missgeschick innerhalb einer Woche sogar gleich zweimal. Dabei überwand er Bayern-Torhüter Sepp Maier bei einem missglückten Klärungsversuch mit einem Gewaltschuss aus knapp 30 Metern, der statt auf der Tribüne unhaltbar im Torwinkel landete.
Der Spott seines Mitspielers ließ freilich nicht lange auf sich warten. "Der Katsche Schwarzenbeck soll ab jetzt den Franz decken, nicht mehr den Torjäger vom Gegner", scherzte Maier in der Mannschaftsbesprechung: "Der Franz ist zurzeit unser schärfster Gegner."
Mit insgesamt vier Eigentoren rangiert Beckenbauer in der ewigen Eigentorschützenliste der Bundesliga auf dem geteilten vierten Platz. Auch in seinem Abschiedsspiel im Trikot des Hamburger SV unterlief ihm übrigens noch mal ein Volltreffer ins falsche Tor.
Gute Freunde kann niemand trennen: Dieser Hit, den Beckenbauer 1966 aufnahm, ist längst Kult und wurde mittlerweile unzählige Male gecovert. Zum ersten Mal mit leicht abgewandeltem Text nur ein Jahr später für einen Werbespot der ARD-Fernsehlotterie und später etwa von den Schlagerikonen Marianne & Michael.
Beckenbauer schickte unter anderem auch die Gassenhauer "1:0 für deine Liebe" sowie die WM-Songs "Fußball ist unser Leben" 1974 und "Sempre Roma" 1990 in die Welt. Bei YouTube ist Beckenbauer jedenfalls auch als Sänger nach wie vor ein Hit.
Beckenbauer und die Sportschule: Als er Teamchef der deutschen Nationalmannschaft wurde, suchte er im Herbst 1984 ein besonderes Quartier für die Mannschaft, mit dem Ziel, mögliche Damenbesuche seiner Spieler zu verhindern. Deshalb buchte der das Team bewusst nicht in großen Hotels, sondern in Sportschulen ein.
"Weil Sportschulen für die intensive Vorbereitung einer Mannschaft besser geeignet sind", begründete er diese Maßnahme: "Man kann dort mit den Spielern ruhiger und ungestörter arbeiten." Die Sache hatte nur einen Haken.
Denn als Beckenbauer gefragt wurde, wo er seine Frau Heidi kennengelernt habe, musste er schmunzelnd zugeben: "Das passt ja: in einer Sportschule. Sie war dort Angestellte im Büro." Für eine Kuriosität sorgte Beckenbauer übrigens später auch im Privatleben, als er am selben Tag Vater und Großvater wurde.
- spiegel.de: "Der Kaiser, der König der Löwen, die Watschn"
- ntv.de: "Wie Franz Beckenbauer zum Kaiser wurde"
- transfermarkt.de: "Eigentorstatistik"
- sueddeutsche.de: "Wie aus Holz geschnitzt"
- wikipedia.org: "Eintrag zu Franz Beckenbauer"