Notfälle Großeinsatz Wuppertal: Festgenommener kein Ex-RAF-Terrorist
Die vermeintliche Sichtung eines ehemaligen RAF-Terroristen hat in Wuppertal zu einem Großeinsatz mit erheblichen Störungen des Bahnverkehrs geführt. Ein älterer Herr wurde samt Begleiterin aus einem Zug geführt.
Szenen wie aus den 1970er Jahren: Schwer bewaffnete Spezialkräfte der Polizei haben im Wuppertaler Hauptbahnhof einen Mann aus einem Zug geholt und festgenommen, weil ein Augenzeuge ihn für einen gesuchten Ex-RAF-Terroristen gehalten hat. Der Verdacht, es handele sich um Ernst-Volker Staub (69), habe sich aber nicht bestätigt, teilte die Wuppertaler Polizei am Samstagabend mit. Der unbescholtene Herr und seine Begleiterin wurden nach der Überprüfung ihrer Identität wieder freigelassen.
Zuvor war der Hauptbahnhof weiträumig abgesperrt und der Zugverkehr via Wuppertal für mehrere Stunden unterbrochen worden. Passagiere mussten Fernzüge verlassen und mit Taxis weiterreisen. Der Zug wurde umstellt und die Öffentlichkeit mit einer "Sicherheitsstörung im Gleisbereich" vertröstet. In einem der betroffenen Züge war durchgesagt worden, es sei ein Sprengsatz gefunden worden.
Im Bahnverkehr kam es zu Verspätungen, betroffen war die Strecke zwischen Hagen und Köln beziehungsweise Düsseldorf. Mehrere Fernzüge und der Regionalverkehr waren von der Störung betroffen, der Bahnverkehr wurde umgeleitet.
"Der anfängliche Verdacht zur Identität des Mannes bestätigte sich nicht", teilte die Polizei nach mehreren Stunden mit. Die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... Ungelöst" hatte am Mittwoch einen neuen Fahndungsaufruf nach drei nach wie vor gesuchten Ex-RAF-Terroristen gestartet.
Danach waren über 160 Hinweise zu den drei früheren Mitgliedern der Rote-Armee-Fraktion (RAF) eingegangen, wie die Staatsanwaltschaft Verden am Donnerstag mitgeteilt hatte. Diese Hinweise werden derzeit noch vom Landeskriminalamt Niedersachsen ausgewertet.
Den Beschuldigten Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Burkhard Garweg wird versuchter Mord im Zusammenhang mit einer Serie von schweren Raubüberfällen vorgeworfen. Die drei tauchten bereits in den 1990er Jahren unter. DNA-Spuren brachten die Ermittler darauf, dass das Trio für Raubüberfälle auf Geldtransporte und Supermärkte im Zeitraum zwischen 1999 und 2016 verantwortlich sein dürfte.
Tatorte waren unter anderem Osnabrück, Wolfsburg und Stuhr in Niedersachsen sowie Hagen und Bochum in Nordrhein-Westfalen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Überfälle nicht politisch motiviert waren. Die RAF hatte sich 1998 aufgelöst und danach keine Terroranschläge mehr begangen. Die Beschuldigten sollen die Überfälle begangen haben, um an Geld zu kommen. Bei den Überfällen etwa auf Geldtransporter waren sie schwer bewaffnet.
Die linksextremistische Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) galt in der Bundesrepublik über Jahrzehnte als Inbegriff von Terror und Mord. Insgesamt ermordete die RAF mehr als 30 Menschen, mehr als 200 wurden verletzt. Opfer waren unter anderem Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer.
Staub, Klette und Garweg werden der sogenannten dritten RAF-Generation zugeordnet. Vertreter der Generation sollen den damaligen Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und den Treuhand-Chef, Detlev Karsten Rohwedder, umgebracht haben. Rohwedder war am 1. April 1991 in Düsseldorf in seinem Haus am Schreibtisch erschossen worden. Das RAF-Kommando hatte ihn aus einer Kleingartenlage und mehr als 60 Metern Entfernung ins Visier genommen. Es war der letzte RAF-Mordanschlag.
Ein am Tatort sichergestelltes Haar konnte dem später in Bad Kleinen ums Leben gekommenen Wolfgang Grams zugeordnet werden. Speichelspuren deuten aber auf mindestens eine weitere, unbekannte Person am Tatort hin. Neun RAF-Morde gelten als nicht aufgeklärt.
Im März 1993 kam es mit einem Sprengstoffanschlag gegen die Baustelle der JVA Weiterstadt zum letzten RAF-Anschlag. Über 200 Kilogramm Sprengstoff zerstörten drei Unterkunftsgebäude und den Verwaltungstrakt der im Bau befindlichen Anstalt. Menschen wurden nicht verletzt. Der Sachschaden betrug 80 bis 90 Millionen DM.
- Nachrichtenagentur dpa