Ulm Dekan erhält Drohbriefe nach Impfaktion in Kirchengemeinde
Nach einer Impfaktion im Ulmer Münster hat der Dekan der Evangelischen Kirche, Ernst-Wilhelm Gohl, nach eigenen Angaben anonyme Drohbriefe erhalten. In den Schreiben, von denen der Dekan eine Kopie auch auf seinem Facebook-Konto zeigt, werde das Impfen kritisiert, es gehe aber auch um Verschwörungsthemen und Kritik an der Initiative Seebrücke, die sich der Seenotrettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer verschrieben hat, sagte Gohl am Samstag. Er werde auch selbst angegriffen, sehe die Absender aber als "kleine, lautstarke Minderheit". "Manche schreiben sich den Frust von der Seele", sagte der Dekan. Zuvor hatte der Südwestrundfunk darüber berichtet.
Mit der Veröffentlichung der Briefe wolle er ein Zeichen setzen, dass Einschüchterungsversuche chancenlos seien. "Das Niveau wird immer abgründiger. Einschüchterung funktioniert aber nicht", schreibt der Münsterpfarrer zudem bei Facebook. Vereinzelte Protestbriefe habe er immer schon erhalten, aber nach der Impfaktion sei die Zahl gestiegen. "Inhaltlich ist das aber nichts Dramatisches", sagte er. "Politiker erleben da ganz andere Sachen."
Die Impfungen im Münster kurz vor dem Jahreswechsel waren eine gemeinsame Aktion der Münstergemeinde, der evangelischen Gesamtkirchengemeinde und der Stadt Ulm. Die Kirche sei ein Raum der Hoffnung, so wie die Impfung die Hoffnung in der Pandemie sei, hatte Gohl dazu erklärt. Geimpft wurde auch, wer Impfpass oder Krankenkassenkarte nicht dabei hatte.
Gohl kandidiert auch bei der Bischofswahl der Evangelischen Landeskirche in Württemberg im kommenden März. Ebenso wie die Pfarrerin Viola Schrenk und Gottfried Heinzmann, der Chef eines diakonischen Unternehmens, möchte er die Nachfolge von Landesbischof Frank Otfried July antreten. Der 1963 geborene Gohl ist seit 2006 Dekan in Ulm und seit 2007 Mitglied des württembergischen Kirchenparlaments.