t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalStuttgart

Ungewöhnlicher Prozess: Brüder schweigen nach Messerattacke


Gerichtsverhandlung
Ungewöhnlicher Prozess: Brüder schweigen nach Messerattacke

Von dpa
Aktualisiert am 29.01.2025 - 16:17 UhrLesedauer: 3 Min.
Beginn Prozess nach MesserattackeVergrößern des Bildes
Drei Brüder aus einer großen syrischen Familie stehen in Stuttgart nach einer Messerattacke wegen versuchten Totschlags vor Gericht. (Quelle: Bernd Weißbrod/dpa/dpa-bilder)
News folgen

Das Polizeiregister ist lang, die Empörung groß - auch die Regierung wird verfolgen, wie der Prozess gegen drei Brüder aus einer Großfamilie verläuft. Für viele geht es nicht nur um eine Straftat.

Wenn Aufschriften auf Sweatshirts eine Botschaft vermitteln sollen, dann trifft der junge Mann im schwarzen Pulli auf der Anklagebank den Punkt. "We don"t do ordinary", heißt es da in fetten weißen Lettern. "Wir machen nichts Gewöhnliches" also. Und genau so sehen das auch Staatsanwaltschaft und Polizei.

Denn der in Stuttgart angeklagte 27-Jährige und seine beiden Brüder sollen gemeinsam mit Mitgliedern ihrer großen syrischen Familie mehr als 150 Einträge im Polizeiregister aufweisen. Gefährliche Körperverletzung ist dabei, Diebstähle, aber auch Beleidigung, Bedrohung, Betrug und Leistungserschleichung, wie aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im Landtag hervorgeht.

Angeklagt nach Messerattacke

In den kommenden Wochen stehen die drei Brüder im Alter von 17, 23 und 27 Jahren wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht. Sie sollen bei einem Streit mit einer anderen Gruppe in der Stuttgarter Fußgängerzone ein Messer gezogen, mehrfach zugestochen und einen Rivalen lebensgefährlich sowie zwei weitere erheblich verletzt haben. Vor dem Angriff habe sich die Schwester durch Blicke der anderen Gruppe belästigt gefühlt, sagte der Staatsanwalt vor Gericht.

Äußern wollten sich die drei Männer nicht zum entscheidenden Abend im vergangenen Juli. Ihr Mandant werde sich "schweigend verteidigen", sagte die Verteidigerin des ältesten Bruders. Die beiden anderen Anwälte äußerten sich ähnlich über ihre Mandanten.

Weitere Brüder vor Gericht

Erst vor wenigen Monaten hatte das Landgericht mit weiteren Familienmitgliedern der Brüder zu tun. Ein vierter Bruder wurde von der Jugendkammer wegen einer Messerstecherei verurteilt. Gegen einen Fünften wird laut Gericht vom 18. Februar an wegen Geiselnahme verhandelt.

Zur Familie sollen neben dem ebenfalls bereits polizeibekannten Vater zwei noch lebende Ehefrauen sowie mindestens zehn Geschwister und Halbgeschwister der nun angeklagten drei Männer gehören. Alle Mitglieder der Familie sind laut Innenministerium syrische Staatsbürger, sie kamen zwischen 2015 und 2020 nach Deutschland und genießen Flüchtlings- oder subsidiären Schutz. Dieser setzt voraus, dass Menschen nicht in Ihr Herkunftsland zurückkehren können, obwohl sie weder als Flüchtlinge anerkannt noch asylberechtigt sind.

"Eine solche Familie ist eine Herausforderung für jeden Sozialdienst", zitierten die "Stuttgarter Nachrichten" nach der Messerattacke in der Innenstadt einen Sozialarbeiter. "Das sind Fälle, bei denen wir kapitulieren. Da kommt nichts an, kein Hilfsangebot, kein Gespräch, keine Drohung."

Mehr als nur ein Strafprozess

Deshalb geht es in den kommenden Wochen im Stuttgarter Gerichtssaal für viele auch um mehr als um eine Messerattacke. Wie der sprichwörtliche Elefant wird auch die politische Diskussion um gewalttätige Flüchtlinge und die für viele gescheiterte deutsche Migrationspolitik mitten im Raum stehen.

Die Landesregierung habe die Familie im Blick, wie Justiz-Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) betonte. Zwar müsse jeder Fall einzeln betrachtet werden. "Aber bei dieser Familie gibt es nicht viele Angehörige, die keine Straftaten begangen haben", sagte er. Natürlich sei es das Ziel, kriminelle Angehörige der Familie auszuweisen.

Abschiebungen nach Syrien nicht möglich

Zunächst müssten aber Urteile gesprochen und Haftstrafen zumindest zum Teil abgesessen werden, sagte Lorek. "Es wäre sonst ein Freifahrtschein, nach Deutschland zu fahren und Taten zu begehen, weil man weiß, das Schlimmste, was einem passieren kann, ist die sofortige Rückführung."

Zudem es auch weiterhin nicht möglich, nach Syrien abzuschieben. "Faktisch gibt es derzeit keine Rückführungsmöglichkeiten nach Syrien, weil es der Bund nicht ermöglicht", sagte der Staatssekretär.

Zum Prozessauftakt gegen die drei Brüder wurde nur die Anklage verlesen. Es sind 14 Verhandlungstage angesetzt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



Telekom