Naturschutz Kleine Verschnaufpause für Wald - aber Forstminister warnt
Der Wald konnte zwar etwas verschnaufen, aber etlichen Bäumen in Baden-Württemberg geht es alles andere als gut. Details zum Zustand hat das Land nun wieder schwarz auf weiß im Waldzustandsbericht.
Hitze, Schädlinge und Umweltschäden haben dem baden-württembergischen Wald zwar auch in diesem Jahr deutlich zugesetzt. Beim Blick auf den Zustand der Bäume zeigen sich aber auch leichte Zeichen für eine Art Verschnaufpause für die Bäume. Nach Angaben des Forstministeriums ist der Anteil deutlich geschädigter Exemplare seit dem vergangenen Jahr um vier Prozent zurückgegangen - vor allem, weil der Niederschlag im vergangenen Herbst und im Frühjahr dieses Jahres die Wälder mit ausreichend Wasser versorgt hat.
Forstminister Peter Hauk (CDU) warnte jedoch mit Blick auf den neuen Waldzustandsbericht vor allzu viel Zuversicht angesichts der jüngsten Ergebnisse. "Der Anteil bleibt mit 40 Prozent immer noch auf einem besorgniserregend hohen Niveau", sagte er. Das Schadensniveau sei trotz der leichten Entspannung auf einem deutlich höheren Stand als in den 1980er und 1990er Jahren, warnte der Minister, selbst ein ausgebildeter Forstwirt.
Bäume werden in Stichproben untersucht
Bei der Erhebung des Waldzustands wird die Kronenverlichtung, also der Verlust von Blättern oder Nadeln, als Maß für den Gesundheitszustand der Bäume aufgenommen. Dazu wurden nach Angaben des Forstministeriums im Sommer auf einem systematisch angelegten Stichprobennetz Tausende Bäume untersucht, darunter Buchen, Eschen und Bergahorn, Fichten, Kiefern, Tannen und Douglasien.
Nach dem neuen Lagebericht zeigt sich über alle Baumarten hinweg eine mittlere Kronenverlichtung von 25,8 Prozent. Auffällig ist dabei, dass jüngere Bäume bis 60 Jahre deutlich weniger Nadeln und Laub verlieren als ältere. "Das gibt uns Hoffnung für den Waldumbau und zeigt, dass junger Wald mit dem Klimawandel besser zurechtkommt", sagte Hauk. Unter anderem seien die jungen Bäume weniger von Waldschäden betroffen und hätten eine geringere Absterberate.
Mehr als die Hälfte der Eichenfläche stark geschädigt
Die stark leidenden Baumarten Fichte und Buche machen zusammen deutlich mehr als die Hälfte der Waldfläche in Baden-Württemberg aus. Den flachwurzelnden Fichten haben allerdings die Dürrephasen der vergangenen Jahre schwer zugesetzt. "Borkenkäfer haben da leichtes Spiel", sagte Hauk. Laut Bericht liegt die Verlichtung bei der Fichte bei 25,5 Prozent.
Auch die Buchen verlieren enorm viele Blätter als verzögerte Auswirkungen der jüngsten Extremwetterjahre, ihr Kronenzustand verbessert sich aber leicht auf einen Laubverlust von 31,3 Prozent. Laut Bericht haben rund 58 Prozent der Buchenflächen im Land deutliche Schäden, nur 13 Prozent werden als unbeschädigt eingestuft.
Verbesserungen zeigen auch die Tannen (20,4 Prozent) und die Kiefern (28,5 Prozent), sie profitierten von der günstigen Witterung der vergangenen beiden Jahre und regenerieren sich gut. Der Laubverlust der Eichen hat sich dagegen erhöht auf 31,6 Prozent. Rund 60 Prozent der Eichenfläche gelten laut Bericht als deutlich geschädigt - so viel wie bei keiner anderen Baumart. Dennoch bleiben die heimischen Eichen wegen ihrer guten Anpassung an warmes und trockenes Klima eine wichtige Baumart für die Wälder im Klimawandel, sagte Hauk.
Forstminister Hauk: Esche ist dem Tode geweiht
Wenig Hoffnungen hat er dagegen bei der Esche. "Es ist eigentlich so, dass die Eschen wegen eines Pilzes dem Tod geweiht sind", sagte Hauk. "Wenn wir keinen Impfstoff finden oder sich genetisch resistente Eschen herausbilden, wird die Esche aus dem Baumarten-Portfolio in Baden-Württemberg verschwinden."
Der Wald von morgen bleibt laut Hauk eine "gemischte Platte" mit Nadel- und Laubholz, fremden und heimischen Baumarten. Wichtig sei ein Mix aus den Baumarten, die es seit Jahrhunderten in Baden-Württemberg gibt, und neuen Arten, die nach den Erwartungen der Experten etwa die Dürre besser aushalten. "Die aktive Waldpflege ist ein Schlüssel, um die Wälder besser an den Klimawandel anzupassen", sagt er. "Es braucht die Eingriffe des Menschen, damit wir unsere Wälder pflegen."
Der Naturschutzbund warnt aber davor, pauschal alte Bäume und Waldbestände abzuräumen, um sie durch jüngere zu ersetzen. "Alte Bäume leisten einen unschätzbaren Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt im Wald", sagte der Nabu-Landesvorsitzende Johannes Enssle. "Auf alte Bäume und alte Waldbestände zu verzichten, wäre ein Himmelfahrtskommando für die Waldnatur."
Das Problem bleibt zudem: Ein Waldumbau dauert Jahrzehnte, die Klimakrise verschärft sich hingegen zunehmend. "Auch wenn wir den Hebel sofort umlegen, würden die Temperaturen in den nächsten 25 Jahren steigen. Das Klima in 25 Jahren wird also das Ergebnis der heutigen Emissionen sein", sagte Hauk. Da diese Emissionen derzeit einen Höchststand erreicht haben, müsse man sich darauf einrichten, dass Mitte der 40er Jahre einen Rekord bei meteorologischen Ereignissen erreicht werde. "Es wird deutlich schlimmer werden", sagte der Minister.
- Nachrichtenagentur dpa