Senioren allein im Reisebus zurückgelassen Reiseveranstalter reagiert auf chaotischen Ausflug – und macht ein Angebot
500 Kilometer von zu Hause entfernt – und plötzlich packt der Busfahrer seine Sachen und haut ab. Zurück bleiben 42 Senioren. So reagiert der Reiseveranstalter.
Ein Busfahrer hat am Donnerstagabend auf einem Autobahnparkplatz bei Stuttgart seine ihm anvertraute Reisegruppe zurückgelassen und sich aus dem Staub gemacht. Eine Polizeisprecherin bestätigte t-online am Donnerstag die absurden Szenen. Auch der Reiseveranstalter reagierte.
"Genfer Seenzauber" hieß die von den 42 Senioren gebuchte Tour. Den Teilnehmenden versprach sie unvergessliche Erlebnisse "rund um den Genfer See, vom mondänen Montreux bis zum mächtigen Mont Blanc". In Erinnerung wird den Reisenden aus Sachsen-Anhalt aber wohl vor allem die Tortur der Rückreise bleiben.
Die Odyssee beginnt: Ohne Raststätte und Ersatzmann
Wie sie spät nachts einem Reporter erzählten, waren sie am Donnerstagmorgen gen Heimat gestartet. Von Beginn an sei die Fahrt eine Herausforderung gewesen: Nach rund zehn Stunden ohne Halt an echten Raststätten hätten sie am frühen Abend gegen 18 Uhr den A81-Parkplatz Gerlinger Höhe angesteuert, wieder nur mit Klohäuschen und ohne Verpflegungsmöglichkeit.
Dafür bot der Rastplatz dieses Mal das ganz große Drama: Die maximal erlaubte tägliche Lenkzeit des Busfahrers war erreicht. Er durfte also nicht mehr weiter – hatte aber auch keinen Ersatzmann an Bord.
Drama am Telefon: Der Busfahrer wird gefeuert
Das folgende Theater am Telefon bekamen die Reisenden, die hauptsächlich aus dem Raum Magdeburg und aus Stendal kamen, hautnah mit. Ihnen zufolge rief der Busfahrer einen alten Kollegen an, der offenbar in der Nähe wohnte. Der kam mit seinem Auto angefahren und bot sich an, das Steuer zu übernehmen.
Der Busunternehmer lehnte jedoch ab, weil der herbeitelefonierte Busfahrerkollege noch nie für ihn gefahren war. Stattdessen soll der Chef seinen Mitarbeiter aufgefordert haben, trotz erreichter Lenkzeit einfach schwarz ohne Registrierkarte weiterzufahren.
Das verweigerte der Busfahrer, woraufhin ihn sein Chef am Telefon gefeuert habe. Jetzt reichte es dem Busfahrer: Er packte alle Getränke ein, die er im Bus hatte, um sie an die Reisenden zu verkaufen, lud sie ins Auto seines Kumpels und verschwand.
Reiseveranstalter aus Hessen macht ein Angebot
Das Busunternehmen mit Sitz im niedersächsischen Hasbergen gab auf Nachfrage der "Stuttgarter Zeitung" keinen Kommentar zu dem Vorfall ab. Zuständig sei der Reiseveranstalter im hessischen Eschborn.
Auf Anfrage der Zeitung antwortete dieser: "Über die Begleitumstände der unplanmäßig zu Ende gegangenen Rückreise, die in unserem Auftrag von einem Busunternehmen durchgeführt wurde, sind wir absolut fassungslos und schockiert."
Der Reiseveranstalter bietet dem Bericht zufolge den Senioren an, den vollen Reisepreis zu erstatten.
Stunden vergehen – nichts passiert
So ging der kuriose Ausflug für die Reisegruppe weiter: Die verdutzten Senioren blieben allein zurück und warteten erst einmal geduldig ab. Gegen 19 Uhr erfuhr die Polizei von der Lage. Laut der Sprecherin hatte der Busunternehmer selbst angerufen, um die Beamten zu informieren.
Eine Streife fuhr zum Autobahnparkplatz und sah sich um. Weil der Busunternehmer aber beteuerte, er besorge einen Ersatzfahrer, machte sich auch die Polizei wieder von dannen. "Der Ersatzmann war angeblich schon unterwegs", sagte ein Senior im Bus.
Stunden vergingen. Erst gegen 22 Uhr klingelte das Telefon auf der Wache erneut: Die Senioren im Bus wurden jetzt doch allmählich unruhig, der versprochene Ersatzfahrer war immer noch nicht aufgetaucht.
Die Deutsche Bahn übernimmt: Wo sind die Senioren jetzt?
Ab jetzt ließ die Polizei den Busunternehmer nicht mehr vom Haken. Die Beamten drängten ihn, Großraumtaxis zu organisieren. Außerdem schalteten sie das Rote Kreuz ein, die Helfer versorgten die Senioren gegen Mitternacht mit Bananen, Müsliriegeln und Getränken.
Die Taxis brachten die Reisegruppe schließlich zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Die Polizei musste derweil noch den Bus abschleppen. "Für uns war der Einsatz dann um 3 Uhr in der Nacht beendet", erklärte die Polizeisprecherin.
Ob es die Senioren aus Sachsen-Anhalt mittlerweile nach Hause geschafft haben, ist indes unklar. "Wir werden noch zum Bahnhof gebracht, dann sind wir uns selbst überlassen", hatten sie dem Reporter am Bus gesagt. Die Heimfahrt mit der Bahn sollten sie selbst organisieren und auch erst einmal aus eigener Tasche bezahlen.
- Reporter vor Ort
- Auf Video aufgenommene Aussagen der Senioren
- Telefonat mit einer Sprecherin der Polizei
- stuttgarter-zeitung.de: Bericht über Seniorenausflug und Reaktion des Veranstalters