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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zuschauer stören Prozess Gericht verhängt Rekordstrafen gegen "Letzte Generation"
Novum in Heilbronn: Aktivisten der "Letzten Generation" müssen ins Gefängnis. Noch nie hat ein Gericht eine so hohe Strafe gegen Klimaaktivisten verhängt.
Es ist ein trauriger Rekord in der Geschichte der Klimaaktivisten der "Letzten Generation": Das Amtsgericht Heilbronn hat am Montag gleich vier ihrer Mitglieder zu Haftstrafen verurteilt. Weil Zuschauer den Prozess störten, musste kurz vor der Urteilsverkündung der Saal geräumt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gegen zwei Männer wurden Haftstrafen von vier und fünf Monaten ohne Bewährung verhängt, genen eine Frau eine Haftstrafe von drei Monaten ohne Bewährung und gegen einen weiteren Mann eine Gefängnisstrafe von ebenfalls drei Monaten – allerdings mit Bewährung.
Das Gericht begründet die drastischen Strafen damit, dass die Aktivisten bekundet hätten, "dass sie weiter machen werden mit dem Kleben", sagte ein Gerichtssprecher t-online. Nach dem Prozess vor rund einem Monat, bei dem zum bundesweit ersten Mal Haftstrafen gegen Mitglieder der "Letzten Generation" verhängt worden sind, hat das Gericht nun noch einmal deutlich längere Haftstrafen ausgesprochen. Damals wurden zwei Männer zu zwei und drei Monaten Gefängnis verurteilt, die direkt danach wieder protestierten.
Gericht sieht Nötigung nicht durch höheres Ziel gerechtfertigt
Einer der Verurteilten saß nun wieder auf der Anklagebank – und ist der einzige, dessen Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Laut Gerichtssprecher liegt das daran, "dass er glaubhaft einen Gesinnungswandel versichert hat; und dass er mit dem Kleben nicht mehr weiter machen wird".
"Es fühlt sich absurd an. Wie kann man Freiheitsstrafen verhängen gegen Menschen, die sich für die zukünftige menschliche Freiheit und alle dazu nötigen Lebensgrundlagen einsetzen?", monierte einer der Angeklagten schon vor dem Prozess. "Wir protestieren friedlich dafür, dass sich die Bundesregierung an das Grundgesetz hält."
Das sei laut dem Gerichtssprecher von der Richterin jedoch auch berücksichtigt worden: "Es geht hier um den Straftatbestand der Nötigung, diesen hat das Amtsgericht als gegeben gesehen", erklärte er. Es sei auch geprüft worden, "ob die Nötigung gerechtfertigt sein könnte, beispielsweise für ein höheres Ziel. Das sieht das Gericht aber nicht als gerechtfertigt."
Zuschauer stören Prozess vor dem Amtsgericht Heilbronn
Während des Prozesses sei es außerdem zu verschiedenen besonderen Vorkommnissen gekommen, so der Sprecher zu t-online. Gegen Ende der Hauptverhandlung musste der Saal teilweise geräumt werden, weil verschiedene Zuschauer sich "ungebührlich verhalten" hätten "durch Zwischenrufe und Klatschen", was sehr ungewöhnlich sei. "Soetwas passiert normalerweise nicht."
Wie viele Störer es genau waren, konnte er auf Nachfrage nicht sagen, schätzte jedoch, dass es sich um etwa zehn Zuschauer gehandelt haben dürfte.
Bereits zu Beginn des Prozesses sei die Richterin von den Angeklagten wegen Befangenheit abgelehnt worden. Ein weiterer Richter hatte diesen Antrag jedoch wieder abgelehnt. Grund für den Befangenheitsantrag sei gewesen, dass die Richterin dem Antrag der Staatsanwaltschaft Heilbronn auf ein beschleunigtes Verfahren stattgegeben hatte.
- Telefonat mit dem Südwest-Sprecher der "Letzten Generation"
- Telefonat mit dem Sprecher des Amtsgerichts Heilbronn