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Ukraine-Krieg | Bayaz löst mit "Kriegssoli" Debatte über Steuererhöhung aus


Ukraine-Krieg
Bayaz löst mit "Kriegssoli" Debatte über Steuererhöhung aus

Von dpa
Aktualisiert am 25.06.2022Lesedauer: 4 Min.
Winfried KretschmannVergrößern des Bildes
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. (Quelle: Christian Johner/dpa/Archivbild/dpa-bilder)

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz hat eine neue Debatte über Steuererhöhungen losgetreten. Der Bund komme aus seiner Sicht nicht darum herum, nach der Krise die Steuern anzuheben, um die gewaltigen Lasten durch Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie finanzieren zu können. "Warum nicht so etwas wie einen Kriegssoli in so einer schwierigen Zeit", fragte der Grüne am Donnerstagabend im SWR. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) winkte gleich ab und sagte, Steuererhöhungen würden die Konjunktur abwürgen. Auch aus der Union kam Kritik an Bayaz. Selbst Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hält die Debatte für verfrüht. Über eine "Sondersteuer" werde man erst später reden können. Bei den Grünen gab es aber auch Rückendeckung für Bayaz.

Bayaz ersetzt "Kriegssoli" durch "Krisensoli"

Am Freitag erläuterte der 38-jährige Minister auf Twitter seinen Vorstoß. Klar sei, dass höhere Steuern zum jetzigen Zeitpunkt angesichts hoher Inflation "Gift für die Konjunktur" seien. "Aber es ist doch klar, dass sich nach der Krise auch die Frage stellt, wer eigentlich die Kosten der vergangenen Jahre durch Pandemie, Ukraine-Krieg und seine Folgen trägt". Mit Blick auf Lindner schrieb der Grüne: "Es ist doch unseriös, den Eindruck zu vermitteln, dass wir die Schuldenbremse und wichtige Zukunftsinvestitionen einfach so stemmen können." Das Wort "Kriegssoli" benutzte er nicht mehr. Stattdessen erklärte er: "Ein Krisensoli könnte ein mögliches Instrument sein." Er freue sich auch auf andere Ideen. "Aber jede Debatte darüber abzuwehren, ist nicht Zeitenwende, sondern reflexhaftes business as usual", schrieb an Lindners Adresse.

Lindner hält dagegen: Wachstumsimpulse und Überstunden gegen Krise

Der Bundesfinanzminister sagte, massive Steuererhöhungen wie ein "Kriegssoli" seien geeignet, die wirtschaftliche Entwicklung zu strangulieren. "Wir brauchen mehr Wachstumsimpulse, mehr Gründungen, mehr Überstunden, um unseren Wohlstand zu sichern. Steuererhöhungen würden die Stärkung der Wirtschaftslage sabotieren", sagte der FDP-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir sind in einer fragilen Lage. Einerseits fürchten die Menschen, durch die Inflation ihr Leben nicht bezahlen zu können. Andererseits muss ein Absturz der Wirtschaft verhindert werden."

Kretschmann sieht sich zu Klarstellung gezwungen

Bei einem Besuch der Firma Zeiss in Oberkochen stellte Kretschmann klar: "Wir haben jetzt nicht vor, in der Krise Steuern zu erhöhen." Der Grünen-Politiker fügte hinzu: "Das war eine Debatte, die läuft jetzt natürlich sofort schräg." Man werde später darüber reden müssen, wie man die Folgen des Ukraine-Kriegs finanziere. "Da wird sicher eine Debatte entstehen, dass man eine Sondersteuer macht." Allerdings hatte sich Kretschman Mitte April selbst schon offen für eine Wiedereinführung des Solidaritätszuschlags gezeigt. "Diese Debatte müssen wir führen", hatte er zu einem Vorschlag des Chefvolkswirts der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gesagt. Immer nur Schulden zu machen sei "sicher nicht der Weisheit letzter Schluss." Damit würden die Lasten nur auf später verschoben.

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz stellte sich voll hinter Bayaz. "Es ist Aufgabe des Finanzministers, zu überlegen, wie Deutschland diese massiven Ausgaben refinanzieren kann." Er erwarte von Lindner, "dass er sich damit ernsthaft auseinandersetzt". Der FDP-Mann müsse endlich konkrete Vorschläge vorlegen, wie Deutschland die aktuellen Herausforderungen meistern könne: den Klimawandel begrenzen, den Transformationsprozess der Wirtschaft begleiten und die öffentliche Infrastruktur modernisieren.

Katrin Göring-Eckardt, grüne Vizepräsidentin des Bundestags, sagte zu Bayaz" Vorschlägen: "Der Bundesfinanzminister sollte sie nicht einfach wegwischen". Klar sei: "Reichtum verpflichtet. Dieses Prinzip sollte wieder stärker gelten." Zu einer notwendigen Umverteilung der Härten der Krisen gehörten auch zielgenaue Entlastungen.

Rülke verlangt Sparvorschläge - etwa bei Elektroautos

"Erstaunlich, wie manche Grüne die Extreme wechseln", sagte FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke der dpa. "Früher hätten sie diesen Steuererhöhungsvorschlag wenigstens als "Friedenssoli" getarnt. Es gibt offensichtlich nichts, was nicht als Alibi für Steuererhöhungen taugt." Rülke schlug Bayaz eine andere Lösung vor. "Wie wäre es mal mit Sparen? Beispielsweise ist es längst überfällig, die Subventionen für Elektroautos zu kippen."

Aus der Union meldete sich Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) zu Wort: "Steuererhöhungen in Zeiten zu thematisieren, in denen die Menschen mit drastischen Preisanstiegen konfrontiert und ohnehin stark verunsichert sind sowie Sorgen vor dem Morgen haben, ist schlicht kontraproduktiv", sagte er der dpa. Egal, unter welcher Bezeichnung man Steuererhöhungen fordere, "sie sind kein Mittel zur Krisenbewältigung". Füracker kritisierte, es sei "völlig widersinnig", dass die Ampel über neue Entlastungsmaßnahmen nachdenke und zugleich plane, diese finanziellen Hilfen an anderer Stelle wieder einzukassieren.

Finanzminister gegen Vermögensteuer: Aufwendig und bürokratisch

Im Interview bei "Zur Sache Baden-Württemberg" im SWR betonte Bayaz, bei einer Steuererhöhung müsse auch Gerechtigkeit eine Rolle spielen. Eine Wiedereinführung der Vermögensteuer lehnt er - anders als die Grünen im Bund - als zu aufwendig und bürokratisch ab. Da habe Lindner mit seinen Bedenken nicht ganz Unrecht. "Jedes Jahr muss das Unternehmen, der Oldtimer, der Picasso an der Wand neu bewertet werden", sagte der Grüne. Da hielten sich Kosten und Nutzen nicht die Waage. Es gebe bessere Wege, Reiche stärker zu besteuern. Er plädierte dafür, die Schlupflöcher bei der Erbschaftsteuer zu schließen. Es sei jedenfalls auf Dauer keine Lösung, die zusätzlichen Lasten nur durch höhere Schulden zu schultern.

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