Prozess sorgt für Aufsehen "Drachenlord"-Urteil in Nürnberg: Anklage prüft Revision
Auch nach dem Urteil gegen den Youtuber "Drachenlord" ist eine Ende des Konflikts um Rainer Winkler nicht in Sicht. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob sie Revision einlegt.
Das Landgericht in Nürnberg hatte den 32-Jährigen am späten Mittwochabend zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung und anderer Straftaten verurteilt. Außerdem muss er eine Geldauflage von 2.500 Euro zahlen.
Als nächste Instanz wäre das Bayerische Oberste Landesgericht zuständig, das in Nürnberg zwei Außensenate hat, erklärte eine Anklage-Sprecherin am Donnerstag. Auch der Streit mit den Internet-Gegnern des Videobloggers könnte einem Experten zufolge weitergehen.
Die Staatsanwältin hatte in der Berufungsverhandlung zwei Jahre und drei Monate Haft für den Videoblogger gefordert – auch weil er schon vorbestraft gewesen sei und während der Bewährungszeit weitere Straftaten begangen habe, sagte sie. Das Amtsgericht Neustadt an der Aisch hatte ihn im vergangenen Oktober in erster Instanz zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten dagegen Berufung eingelegt.
Winkler räumt in Nürnberg Vorwürfe teilweise ein
Der "Drachenlord" streitet sich seit Jahren mit seinen Gegnern im Internet und in der realen Welt. In mehreren Fällen wurde er nach gegenseitigen Beschimpfungen handgreiflich. Vor Gericht gab er unter anderem zu, einen Mann vor seinem Haus mit einer Taschenlampe attackiert und einen anderen in den Schwitzkasten genommen und auf den Kopf geschlagen zu haben.
Er habe "aus Wut" gehandelt, sagte er im Prozess dazu. Nach Ansicht des Gerichts hatten die Geschädigten ihn bewusst provoziert, weil sie wussten, dass er sich dann nicht mehr beherrschen könne. Nach Auffassung eines psychiatrischen Gutachters ist der Youtuber vermindert schuldfähig.
Tausende Menschen folgen dem "Drachenlord" im Internet – viele davon, weil sie ihn verachten und sich lustig über ihn machen. Seit Jahren überschütten sie den Youtuber mit Hass-Kommentaren und mobben ihn. Aber auch dieser befeuert den Streit, indem er immer wieder auf die sogenannten Hater eingeht. Auch vor seinem Haus tauchten diese seit einigen Jahren regelmäßig auf, um Selfies zu machen und ihn zu beschimpfen. Die Polizei musste nahezu täglich ausrücken.
Kehrt in Altschauerberg wirklich Ruhe ein?
Inzwischen ist der Youtuber aus dem mittelfränkischen Dorf Altschauerberg weggezogen, sein Haus wurde abgerissen. Nach Ansicht des Kölner Internetanwalts Christian Solmecke könnten die Konfrontationen trotzdem weitergehen. Die Reaktionen im Internet zeigten, dass das Urteil die Hater sogar noch mehr angestachelt habe. "Es sieht derzeit daher leider nicht danach aus, dass nun Ruhe einkehren wird."
Seit seinem Wegzug reist der Youtuber mit seinem Auto umher und postet von unterwegs. Die Hater versuchen wiederum, seinen Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Diese Verfolgungsjagd werde nicht aufhören, meinte Solmecke. Sollte die Hass-Community ihn ausfindig machen, gebe es nun nicht mehr sein Haus als Rückzugsort. "Die Frage, ob er es schafft, weniger Situationen ausgesetzt zu sein, die ihn aus der Fassung bringen, bleibt damit offen."
- Nachrichtenagentur dpa