Münster Weiteres Verfahren im Missbrauchsfall Münster gestartet
In einem weiteren Verfahren im Missbrauchskomplex Münster steht seit Montag ein 35-Jähriger aus dem Kreis Warendorf vor dem Landgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zwischen Ende 2019 und Frühjahr 2020 einen heute Elfjährigen bei drei Gelegenheiten schwer sexuell missbraucht zu haben. Das Kind war ihm von dessen eigenem Ziehvater für die schweren Gewalttaten überlassen worden. Der Angeklagte räumte die Missbrauchsvorwürfe in Teilen am Montag ein, sagte ein Gerichtssprecher.
Der Ziehvater, ein 28-Jährige IT-Techniker aus Münster, gilt in dem Tatkomplex als Drahtzieher. Er soll den Jungen wiederholt selbst vergewaltigt und ihn anderen Männern immer wieder für den Missbrauch zur Verfügung gestellt haben. Gegen ihn, seine Mutter und weitere mutmaßliche Peiniger des Jungen läuft vor dem Landgericht ein großer Prozess, in dem es vor allem um den Missbrauch mehrerer Kinder in einer Gartenlaube in Münster geht. Weitere Angeklagte sind inzwischen wegen Taten in Zusammenhang mit dem Tatkomplex verurteilt worden.
Das nun gestartete Verfahren findet in weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der 35-Jährige aus dem Kreis Warendorf war im November festgenommen worden, nachdem Ermittler ihm durch die Auswertung von Chatverläufen mit dem 28-Jährigen aus Münster auf die Spur gekommen waren. Die beiden sollen sich über Messengerdienste kennengelernt und dann für den Missbrauch verabredet haben. Außerdem soll der Angeklagte kinderpornografische Bilder und Videos besessen und auch an andere verschickt haben. Einen weiteren Vorwurf aus der Anklage, wonach er auch einen Siebenjährigen aus seinem Bekanntenkreis missbraucht haben soll, ließ das Gericht dagegen nicht zu. Das Verhalten in diesem Fall sei nicht als strafbar zu bewerten, sagte ein Gerichtssprecher am Montag.
Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Tatkomplexen in Nordrhein-Westfalen, die seit dem Jahr 2019 aufgedeckt wurden. Es geht dabei um sexuelle Gewalt an einer Vielzahl von Kindern und um große Netzwerke mit zahlreichen Beteiligten und Opfern. Im Tatkomplex Münster gibt es über 40 Tatverdächtige, von denen rund 30 in Untersuchungshaft sitzen. Etwa 30 Kinder sollen Opfer geworden sein, besonders häufig der Ziehsohn des 28-jährigen Münsteraners.