Mainz Höhere Spritpreise verstärken Tanktourismus nach Luxemburg
Nach dem jüngsten Spritpreisanstieg in Deutschland zieht es zunehmend Autofahrer aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland zum Tanken nach Luxemburg. Dort ist das Tanken trotz der auch dort gestiegenen Preise im Schnitt etwa 30 bis 50 Cent pro Liter günstiger. "Jedes Mal, wenn die Preise absolut gesehen hochgehen, haben wir mehr Kundschaft aus Deutschland in Luxemburg. Das ist auch jetzt wieder der Fall", sagte der Präsident des luxemburgischen Mineralölverbandes GPL, Romain Hoffmann.
Wie viel Prozent mehr Kunden aus den Nachbarländern Rheinland-Pfalz und Saarland derzeit zum Tanken ins Großherzogtum kommen, konnte er nicht beziffern. Es sei aber nicht so, dass die Tankstellen nun überrollt würden. In der Corona-Pandemie habe es teils extrem hohe Einbrüche gegeben, da der Grenzverkehr zeitweise stark eingeschränkt war. "Und wir sind jetzt wieder auf einem Niveau, wie das vielleicht vor fünf oder sechs Jahren der Fall war", sagte Hoffmann.
Wie sehr die Preise fürs Tanken in Deutschland binnen weniger Tage noch oben geschossen sind, zeigt eine Aufstellung des ADAC. Nach den von dem Automobilclub ermittelten bundesweiten Durchschnittspreisen mussten Autofahrerinnen und Autofahrer zuletzt für einen Liter Super E10 2,10 Euro und für Diesel 2,15 Euro hinblättern (Stand Dienstag). Das bedeutet gegenüber der Vorwoche einen Anstieg von knapp 28 Cent bei Super E10 und ein Plus von rund 39 Cent bei Diesel.
Laut Hofmann reagiert der Kunde aus der Bundesrepublik eher nach dem Rahmen, den er fürs Tanken zur Verfügung habe, und weniger auf den Verkaufspreis: "Das heißt, wenn er für ein gewisses Budget genug Liter in Deutschland bekommt, dann bleibt der in Deutschland. Wenn er aber für das gewisse Budget zu wenig Liter bekommt, dann versucht er, eine billigere Alternative zu finden." So bekomme er in Luxemburg für das gleiche Geld nun ungefähr zehn Liter mehr.
So liegen die Höchstpreise in Luxemburg derzeit für einen Liter Diesel bei rund 1,73 Euro, für Super E10 bei 1,66 und für Super plus bei 1,80. Im Großherzogtum legt der Staat die Preise an den Tankstellen fest. Beliebte Ziele zum Tanken sind bei Grenzgängern Wasserbillig, Grevenmacher, Remich und Schengen.
Das Tanken in Luxemburg ist vor allem wegen der dort niedrigeren Mineralölsteuer billiger. Derzeit ziehe es auch vermehrt Grenzgänger aus Belgien und Frankreich zum Tanken über die Grenze, sagte Hoffmann. Oft werde die Fahrt ins Großherzogtum als kleiner Ausflug gesehen, bei dem die Kundschaft auch günstig Tabak und Kaffee einkaufe.
Im Schnitt wurden laut CPL in den vergangenen Jahren zwischen 2 und 2,5 Milliarden Liter an allen Tankstellen in Luxemburg verkauft. Im Corona-Jahr 2020 seien es 20 Prozent weniger als 2019 gewesen. Und 2021 waren es etwa 6 Prozent weniger als 2019, wie Hoffmann sagte. Rosige Zeiten wie Mitte der 2000er Jahre werde es für die Mineralölbranche in dem Großherzogtum nicht mehr geben. Die CO2-Steuern seien erhöht worden, Luxemburg sei für internationalen Transport in den vergangenen zwei Jahren "sehr viel weniger attraktiv" geworden. "Und das kann der Inlandsverkauf oder auch der Grenzverkauf nicht aufheben", sagte er.
Auch der ADAC beobachtet in jüngster Zeit einen vermehrten Tanktourismus nach Luxemburg. Je mehr der Sprit in Deutschland koste, desto attraktiver werden in den Grenzregionen auch die Fahrten zu Tankstellen im Ausland, sagte der Sprecher des ADAC Mittelrhein, Mirco Hillmann, in Koblenz. Autofahrerinnen und Autofahrer sollten sich längere Extrafahrten zum Tanken mit Strecken von mehr als 10 bis 15 Kilometer "unter ökologischen Gesichtspunkten aber gut überlegen", sagte er.
Ein Transport von mehreren Kanistern Benzin ist in Deutschland laut ADAC nicht gestattet, die Gesamtmenge von 60 Litern je Reservebehälter darf nicht überschritten werden. Tanktouristen nach Luxemburg ist diese Möglichkeit, sich zusätzlich mit günstigerem Sprit einzudecken, ohnehin verbaut: In Luxemburg ist die Mitnahme von Reservekanistern den Angaben zufolge gänzlich verboten.
Aufmerksam verfolgt wird der aktuelle Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise auch im Mainzer Wirtschaftsministerium. Er sei eine unmittelbare Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, erklärte Ministerin Daniela Schmitt (FDP). Sie unterstütze die harten Sanktionen gegen Russland ausdrücklich. "Wir sind bereit, diesen Preis zu zahlen, müssen aber die Lage unserer Unternehmen und Bürger fest im Blick behalten", betonte sie. Die Entwicklung treffe auch die Pendlerinnen und Pendler im Land.
"Deshalb ist es gerade in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz, in dem viele Menschen in den ländlichen Regionen auf ihr Auto angewiesen sind, wichtig, die Bürger zu unterstützen", sagte die Ministerin und verwies auf die jüngste Einigung innerhalb der rot-grün-gelben Bundesregierung auf ein Entlastungspaket. "Wir setzen uns auch weiter für eine Erhöhung der Pendlerpauschale ein", sagte Schmitt weiter. "Angesichts der extremen Lage darf es in der aktuellen Situation keine Denkverbote geben."