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Corona: Babyboom und Pleitewelle – Das könnte auf Leipzig zukommen


Auswirkungen der Corona-Krise
Babyboom und Pleitewelle – Das könnte Leipzig erwarten

Von Lisa Konstantinidis

20.02.2021Lesedauer: 3 Min.
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Menschen mit Mund-Nasen-Bedeckungen laufen durch die Innenstadt (Symbolbild): Drei städtische Wissenschaftler wagen einen Blick in die Leipziger Zukunft.Vergrößern des Bildes
Menschen mit Mund-Nasen-Bedeckungen laufen durch die Innenstadt (Symbolbild): Drei städtische Wissenschaftler wagen einen Blick in die Leipziger Zukunft. (Quelle: foto-leipzig.de/imago-images-bilder)

Die Corona-Pandemie wirft viele Fragen auf: Wie es weitergeht, ist eine davon. Drei Leipziger Wissenschaftler erklären, womit die Messestadt rechnen muss.

Seit gut einem Jahr beschäftigt die Corona-Pandemie die Menschen in Deutschland und der Welt. Vieles hat sich in dieser Zeit verändert und vieles ist noch ungewiss. Wie es weitergeht, ist wohl eine der meist gestellten Fragen. Drei Leipziger Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen ziehen Bilanz und wagen einen Ausblick, was noch auf die Messestadt zukommen könnte.

Arbeits- und Organisationspsychologe Hannes Zacher:

Hannes Zacher ist Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig. Er sagt, es werde noch viele Monate dauern, bis wieder Normalität im Alltag und am Arbeitsplatz einkehren wird. "Die Leipziger werden noch viel Geduld aufbringen müssen". Neben negativen Pandemie-Auswirkungen im Zusammenhang mit der Arbeitswelt gibt es aus Sicht seines Forschungsfeldes aber auch Positives zu beobachten: Etwa dass die Arbeitsbedingungen und die Wertschätzung von Menschen in systemrelevanten Berufen stärker in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit gerückt sind. Und auch eine gewachsene Offenheit vieler Firmen im Bezug auf mobiles Arbeiten und Home Office sei eine gute Entwicklung, so Zacher.

Problematisch hingegen sei die physische und psychische Belastung derjenigen, die durch die Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben oder sich in Kurzarbeit befinden. Schließlich spiele die Erwerbsarbeit nicht nur aus finanziellen Gründen eine wichtige Rolle im Leben der meisten Menschen, sagt Zacher. Dass viele kleine Leipziger Unternehmen in Folge der Pandemie mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wirke sich ebenfalls auf die Beschäftigten aus. "Leider befürchte ich, dass viele kleine Unternehmen die Pandemie nicht überleben werden", sagt Zacher. Trotzdem sieht er in der Pandemie auch eine Chance für die Messestadt: Eine Chance für Menschen und Unternehmen gleichermaßen, widerstandsfähiger zu werden und aus der Krise zu lernen.

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Zukunftsforscher Kai Gondlach:

Die Pandemie ist keine Überraschung – zumindest nicht für den Leipziger Zukunftsforscher Kai Gondlach. Das liegt aber nicht daran, dass seine Glaskugel besonders gut funktioniert, sondern an den Methoden der Zukunftsforschung, wie er sagt. Die Gesundheitskrise habe die Wirksamkeit der Methodik seines Fachbereichs bestätigt. Gut ein Jahr Pandemie hat aber auch noch etwas anderes gezeigt: "Wir haben in Summe festgestellt, dass unser politisches System und unsere Gesellschaft ziemlich stabil sind", so Gondlach. Besonders im internationalen Vergleich mit Ländern, in denen die Zahlen der Infektionen und Covid-19-Toten deutlich höher sind.

Dennoch habe die Krise auch zahlreiche Missstände aufgezeigt, die es bereits seit Jahren gebe – Covid-19 fungiere mit Blick auf diese Probleme nun jedoch "wie ein Brandbeschleuniger". Neben Missständen in der Bildung oder dem Gesundheitssystem ist für Gondlach aber auch Gewalt ein großes Thema – vor allem in Zeiten harter Lockdowns. Über häusliche Gewalt, überfüllte Frauenhäuser und Kinder, die fürchterliche Formen von Gewalt erleben, werde viel zu wenig gesprochen und langfristige Folgen haben, so Gondlach.

Er erwartet für Leipzig vor allem zwei Dinge: Wachsende Einwohnerzahlen und einen Anstieg der Geburtenzahlen. ,"Das ist zwar umstritten, aber ich sage, es wird ziemlich sicher einen Babyboom geben. Wir haben eine Ausnahmesituation, aber wir haben Zugang zu allem und in der Summe geht es uns gut."

Was die Wirtschaft in der Messestadt angeht, sieht Gondlach hingegen große Probleme: "Ich glaube, es lässt sich nicht mehr abwenden, dass eine riesige Insolvenzenwelle kommt nachdem die Hilfen auslaufen. Und dann wird sich auch zeigen, wo die Zivilgesellschaft zusammenhält und bestimmte Projekte rettet."

Religions- und Kirchensoziologe Gert Pickel:

Gert Pickel lehrt als Professor an der Universität Leipzig und ist stellvertretender Sprecher am Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (Leipzig). Für ihn hat die Corona-Pandemie vor allem gezeigt, dass sich bestehende Polarisierungen weiter zuspitzen. Er sagt, dass ,"man hinsichtlich des gesellschaftlichen Zusammenhalts durchaus an einigen Stellen besorgt sein muss."

Gleichzeitig sei die Krise für sein Forschungsgebiet aber auch ein Glücksfall: Schließlich könnten nun Krisenauswirkungen auf die Gesellschaft und gesellschaftliche Positionen wie Solidarität oder Vorurteile in Echtzeit beobachtet werden. Die Corona-Pandemie habe auch dafür gesorgt, dass die thematische Vielfalt von Forschungsthemen massiv reduziert worden sei, so Pickel. "So wird es auch langweilig, wenn 70 von 100 Beiträgen um Corona und Krise gehen."

Im Prinzip werde man abwarten müssen, welche Wirkung die Krise hinterlässt und sich langsam einen "neuen Alltag" kreieren. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich das Erscheinungsbild der Stadt Leipzig verändert, wie Pickel sagt. Durch ein Gewerbesterben, einen weiteren Ausbau von großen Geschäftsketten, aber auch durch Menschen, die sich mit originellen Ideen neue Nischen schaffen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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