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Zum journalistischen Leitbild von t-online.FC-Trainer Baumgart "In Köln ist man so arrogant"
Der 1. FC Köln hat unter Steffen Baumgart einen großen Sprung nach vorne gemacht. Das schreibt der Trainer aber weniger sich selbst zu, als der Art und Weise, mit der das Team Fußball spielt.
Steffen Baumgart war nach dem Pokal-Aus gegen den HSV auch Tage später noch sichtlich angefressen. Das hatte aber weniger mit dem Ausscheiden an sich oder der Leistung seiner Mannschaft zu tun. Vielmehr war der Trainer über die öffentlichen Reaktionen verärgert. Das erklärte der 50-Jährige nun im Interview gegenüber der Onlinezeitung "Geissblog": "Mich hat gestört, dass nicht über die Leistung der Mannschaft gesprochen wurde, sondern darüber, dass wir die Riesenchance vergeben hätten, ins Finale zu kommen."
Vielmehr hätte das Kölner Umfeld den Eindruck erweckt, der FC hätte "ihnen was weggenommen." Dem widerspricht Baumgart deutlich: "Wir haben niemanden irgendwas weggenommen. Wir sind im Elfmeterschießen gegen eine gute Mannschaft ausgeschieden. Da müssen wir schon das Maß wahren. Aber das ist mir schon als Paderborn-Trainer aufgefallen."
Baumgart: "Das hat mir nach dem Spiel gegen den HSV gefehlt"
Baumgart prangert also das Kölner Selbstverständnis an, gegen vermeintlich schwächere Gegner von Natur aus überlegen zu sein. "Ich hatte das Gefühl: In Köln ist man so arrogant, dass man nicht mal gegen Paderborn verlieren darf. Und dann wundert man sich, wenn man zweimal den Arsch vollkriegt?", erinnerte der Trainer an die beiden deutlichen Niederlagen der Kölner in der Saison 2018/19 gegen den SC. "Mich hat es als Paderborn-Trainer total geärgert, wenn wir vom großen FC als kleines Paderborn betrachtet wurden. Ich muss die Leistung des Gegners immer respektieren. Und das hat mir nach dem Spiel gegen den HSV gefehlt", beendete der Trainer seine Erklärung.
Trotzdem zieht Baumgart mit 29 Punkten und dem achten Tabellenplatz freilich ein positives Fazit seines ersten halben Jahres in Köln. Die Erfolge auf dem Platz schreibt der 50-Jährige aber nicht alleine seiner Person zu, sondern vielmehr dem Fußball, den er mit der Mannschaft spielen lässt. "Allein mit der Art und Weise, wie wir Fußball spielen, haben wir schon Werte entwickelt", sagte Baumgart und brachte ein konkretes Beispiel: "Schauen wir doch mal, wie sich Benno Schmitz entwickelt hat. Welchen Marktwert hatte er denn im letzten Sommer? Heute gehört er mit seinen Daten sogar zu den besten Außenverteidigern Europas."
FC macht sich interessant für junge Spieler
Neben Schmitz gehört auch Anthony Modeste unter Steffen Baumgart zu den großen Gewinnern beim FC. Der Franzose steht inzwischen bei der 13 Saisontoren. "Warum schießt Tony denn 13 Tore? Weil sich das ganze Spiel verändert hat. Und er hat Spaß. Aber warum hat er Spaß? Wegen des Fußballs, den wir spielen. Spaß hat man ja nicht, weil ich mit den Fingern schnippe und sage: So, jetzt haben wir Spaß. Dazu gehört mehr." Vor allem Spieler wieder Dejan Ljubicic, Salih Özcan oder Marvin Schwäbe hätten im letzten halben Jahr einen enormen Schritt nach vorne gemacht – was den Kölnern wiederum für die Kaderplanung der nächsten Jahre helfen kann: "Auf solche Spieler schauen gerade sehr viele sehr genau. So sind wir auch interessanter für andere junge Spieler geworden."
Mit zehn Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone können die Kölner inzwischen auch schon vorsichtig mit der Planung für das nächste Bundesliga-Jahr beginnen. Daran arbeite der Verein jeden Tag, wie Baumgart erklärte. Bei all den Talenten, die der FC in den kommenden Jahren an die Profi-Mannschaft heranführen will, wollen die Kölner aber auch auf den Faktor Erfahrung setzen: "Wir brauchen eine Bundesliga-Mannschaft. Wir brauchen auch Jungs, die schon mal Bundesliga gespielt und bewiesen haben, dass sie bestehen können." Vom Profil her gehe es dabei nicht einzig und alleine um die spielerische Qualität, sondern allen voran auch um die Mentalität, den eingeschlagenen Weg mitgehen zu wollen.
Baumgart: "Von solchen Schwüren halte ich nichts"
Eine der wichtigsten Personalien dürfte in den kommenden Wochen für den FC aber Baumgart selbst sein. Der Vertrag des Trainers läuft zwar noch bis zum Sommer 2023, doch die Kölner wollen nicht mit einem auslaufenden Vertrag in die nächste Spielzeit gehen. Dass Baumgart gewillt ist, diesen zu verlängern, hatte der gebürtige Rostocker unlängst bestätigt.
Diesem Willen verlieh der Fußballlehrer nun nochmal Nachdruck und erklärte auch, sich dabei keine Hintertüre offen lassen zu wollen: "Ich habe bislang noch keine Ausstiegsklauseln in meinen Verträgen gehabt und glaube auch nicht, dass ich eine haben möchte, wenn ich meinen Vertrag hier verlängere. Gleichzeitig machte Baumgart aber auch klar, wohl irgendwann weiterziehen zu wollen: "Ich würde mich andererseits aber auch nie hinstellen und erklären: Ich bleibe auf ewig hier. Von solchen Schwüren halte ich nichts. Dafür sind wir dann doch im Profifußball."
- Eigene Beobachtungen und Recherchen des GEISSBLOG