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Zum journalistischen Leitbild von t-online.1. FC Köln Fans nehmen FC-Bosse ins Kreuzverhör – "nur schlechte Spieler?"
Der 1. FC Köln steckt in einer Krise. Während sich die Mannschaft um Trainer Markus Gisdol von der Öffentlichkeit abschottet, stellten sich die FC-Bosse den harten Fragen der Mitglieder.
Eigentlich wollte sich der 1. FC Köln in dieser Woche abschotten. Um einen öffentlichen Termin kamen die Verantwortlichen der Geißböcke aber nicht herum: Schon länger war für Mittwochabend ein virtueller Mitglieder-Stammtisch geplant. Die Fans konnten den FC-Bossen Fragen stellen. Diese mussten antworten, und das ausgerechnet in einer schweren Krise.
Sie hatten sich vorbereitet, hatten Notizen mitgebracht, teils gar vorformulierte Antworten auf Fragen, die manche FC-Mitglieder bereits im Vorfeld schriftlich eingereicht hatten. So traten sie in der sportlichen und finanziellen Krise den Fans entgegen: Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich als Vorstand des 1. FC Köln, Alexander Wehrle und Horst als Geschäftsführer. Ihre oberste Priorität: Ruhe bewahren. Ihr Mittel der Wahl: möglichst allgemein bleiben.
Wer ist das Problem: Gisdol oder die Spieler?
Über allem beim YouTube-Stammtisch am Mittwochabend stand die Frage, ob Horst Heldt mit seinem Kader oder mit der Trainerwahl falsch gelegen hatte. Auf die Frage eines Fans, ob der FC "nur schlechte Spieler" habe, holte der Sportchef weiter aus. "Einige Spieler haben die Erwartungen nicht erfüllt oder ihre Leistungen noch nicht abgerufen", gestand der 51-jährige. "Wir haben aber nicht nur schlechte Spieler. Wir haben es bis heute nicht hinbekommen, eine gewisse Konstanz in unsere Leistung zu bekommen." Heldt betonte, er sei weiterhin überzeugt, die Mannschaft sei gut genug für den Klassenerhalt, gab aber zu: "Wir werden starke Nerven brauchen. Es wird sehr, sehr eng."
Seinem Trainer sprach der Geschäftsführer Sport erneut das Vertrauen aus. "Wir sind als Geschäftsführung und Vorstand bis zum heutigen Tag überzeugt, dass Markus Gisdol der richtige Trainer ist", sagte Heldt und fügte an: "Auch für die Zukunft." So musste der 51-jährige die Frage allerdings auch beantworten.
Öffentlich Zweifel zu äußern vor dem so wichtigen Abstiegsduell am Sonntag gegen Mainz 05, hätte Gisdols Autorität untergraben. Dass es mit dem Vertrauen in den Cheftrainer in Wahrheit aber nicht mehr zum Besten bestellt ist, ließ Heldt auch erkennen. "Wir haben seinen Vertrag im vergangenen Sommer verlängert, aber er beinhaltet die Sicherheit, aus dem Vertragsverhältnis herauszukommen." Damit spielte Heldt auf die festgelegte Abfindung von kolportierten 800.000 Euro an, die Gisdol im Falle einer vorzeitigen Entlassung erhielte.
Keine Investoren trotz Finanzkrise
Während Heldt und Co-Geschäftsführer Alexander Wehrle betonten, der FC sei auch für die Zweite Liga finanziell stabil aufgestellt, musste der Vorstand erklären, warum trotz der Corona-Krise kein Investor eingestiegen sei, um den Klub zu unterstützen. "Wir glauben nicht, dass wir in der Dritten Liga landen, wenn wir keine Anteile verkaufen", sagte Vizepräsident Carsten Wettich. Anteilsverkäufe würden nur einmaliges Geld bringen, zudem hätte sich der FC in der Corona-Krise unter Wert verkaufen müssen.
Stattdessen bräuchte es "langfristige Maßnahmen, um eine stabile Finanzbasis zu schaffen". Andere Klubs wie Gladbach, Freiburg oder Union Berlin würden es vormachen. Der FC müsse aus der Konkurrenz lernen.
"Wir haben in der jüngeren Vergangenheit underperformt für das Geld, was investiert wurde", betonte Wettich. Der Klub arbeite daran, aus den Fehlern der jüngeren Vergangenheit zu lernen. Ein gravierender Fehler war die Rückholaktion von Anthony Modeste, ausgestattet mit einem Zehn-Jahres-Vertrag (fünf als Spieler, fünf als Nachwuchstrainer) und einem Gehaltsvolumen von rund 20 Millionen Euro.
Vizepräsident Eckhard Sauren betonte: "Fünf-Jahres-Verträge für ältere Spieler wird es nicht mehr geben, nur damit sie vielleicht zwei Jahre sportlich helfen. Die Länge von Spielerverträgen soll kein Finanzierungselement eines Transfers mehr sein."
Kein FC-Stammtisch ohne Lukas Podolski
Ausgeschlossen scheint zudem, dass Lukas Podolski noch einmal die Fußballschuhe für die Geißböcke schnüren wird. Der inzwischen 35-jährige wird nach der laufenden Saison den türkischen Erstligisten Antalyaspor verlassen. Sein nächstes Ziel ist unbekannt.
Doch beim FC sind Mitglieder-Stammtische keine Stammtische, wenn nicht mindestens eine Frage nach der Rückkehr zu Podolski gestellt wurde. Und so musste sich Präsident Werner Wolf auch dieses Mal wieder der Causa Poldi stellen. "Wir befinden uns mit Lukas Podolski im Dialog. Er ist in einer Situation, in der er überlegt, wo er seine Karriere noch fortsetzen kann oder ob er sie beendet", erklärte Wolf. "Sobald er sich entschieden hat, stehen ihm die Türen hier offen und wir werden eine Lösung finden."
Aber wohl nicht mehr als Spieler, sondern in anderer Funktion. Wie diese aussehen könnte, darüber schweigen sich die Verantwortlichen schon länger aus. Bloß nicht zu konkret werden – es war am Mittwoch bei allen Themen ein bewährtes Mittel.
- Gespräche und Beobachtungen in der Videokonferenz des Geißblog