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Zum journalistischen Leitbild von t-online.1. FC Köln "Wenn du an der Spitze stehst, bist du für alles verantwortlich"
Relegationsplatz und eine mittelmäßige Bilanz: Der 1. FC Köln wackelt sich durch die Bundesliga. Dennoch sollen die Geschäftsführer Heldt, Wehrle und auch Cheftrainer Gisdol bleiben. Präsident Wolf will für Ruhe sorgen.
Der 1. FC Köln startet in dieser Woche in die entscheidende Phase der Saison. Sportlich, weil nach der Länderspielpause die Bundesliga weitergeht und der FC sich wieder auf dem Relegationsplatz befindet. Finanziell, weil die Geißböcke am Mittwoch ihre längst überfällige, tiefrote Bilanz der Saison 2019/20 vorlegen und einen Einblick in den Gesamtzustand des Vereins gewähren werden. Und personell, weil die sportliche und finanzielle Lage des Klubs direkt an die Jobs von Alexander Wehrle, Horst Heldt und Markus Gisdol gebunden ist.
Werner Wolf hat einen Medienmarathon hinter sich. Der Präsident des 1. FC Köln sprach vor der Veröffentlichung der Bilanz mit mehreren Lokalmedien. Das Ziel: das Umfeld der Geißböcke beruhigen. Wegen der Abstiegsgefahr einerseits, wegen der finanziellen Schieflage andererseits, deren Ausmaß am Mittwoch erstmals öffentlich werden wird. Aber auch personell musste Wolf einiges klarstellen.
Markus Gisdol hatte mal wieder kurz vor dem Aus gestanden. Horst Heldt ist wegen seiner verfehlten Transferpolitik ins Kreuzfeuer geraten. Alexander Wehrle dagegen wird von der Konkurrenz umworben.
Das Prinzip Hoffnung am Geißbockheim
Für den Trainer hatte sich Heldt zuletzt noch einmal ausgesprochen, allerdings nur noch mit offenem Visier. Geht’s gegen Wolfsburg am Samstag schief, wird die Diskussion wieder Fahrt aufnehmen. Heldt weiß das, weshalb er in der "Bild" zuletzt davon sprach, "alle Szenarien flexibel zu Ende zu denken und vorbereitet zu sein". Eine Sicht, der Wolf nun folgte – mit nur noch sehr vorsichtiger Rückendeckung für Gisdol. "Horst Heldt hat sich klar dazu positioniert und erklärt, wie er in der Trainerfrage vorgehen möchte", sagte der FC-Präsident dem "Geißblog".
Der Vorstand folge dem Sportchef, so Wolf. Man sehe, dass die Spieler hinter dem Trainer stünden. "Die Substanz in der Mannschaft ist vorhanden", erklärte der 64-Jährige. Rückkehrer wie Jonas Hector und Sebastian Andersson, die länger ausfielen, würden zuversichtlich stimmen. Das Prinzip Hoffnung waltet am Geißbockheim. Doch die Zweifel sind allerorts zu spüren. Deswegen bleibt Plan F – Friedhelm Funkel – ganz oben in der Schublade liegen.
"Wir gehen davon aus, dass sie ihre Verträge erfüllen"
Doch auch die beiden Geschäftsführer haben zuletzt Anlass zu Diskussionen gegeben. Reiner Calmund hatte jüngst ausgeplaudert, was längst kein Geheimnis mehr ist: Wehrle ist beim VfB Stuttgart und bei der Deutschen Fußball Liga ein Wunschkandidat. Heldt soll beim FC Schalke 04 im Gespräch sein. Das Bundesliga-Schwergewicht forderte, die Geißböcke müssten dem operativen Führungsduo einen Freifahrtschein ausstellen, egal ob Bundesliga oder Zweite Liga. So weit wollte Wolf jedoch nicht gehen.
"Wir gehen davon aus, dass sie ihre Verträge erfüllen", sagte der FC-Präsident knapp. In Richtung Wehrle appellierte er gar indirekt an die moralische Pflicht des Finanzchefs, in einer Krise an Bord zu bleiben, statt das vermeintlich sinkende Schiff zu verlassen. "Alexander Wehrle hat ein großes Verantwortungsgefühl für den 1. FC Köln", sagte Wolf. "Er ist niemand, der in so einer Situation einfach geht. Er war zehn Jahre in Stuttgart, inzwischen ist er acht Jahre hier und hat bewusst einen langfristigen Vertrag unterschrieben." Dieser läuft, genauso wie jene von Heldt und Gisdol, noch bis 2023. Bei allen halbherzigen Schulterschlüssen wäre es allerdings eine Überraschung, würde das Trio in zwei Jahren wirklich noch gemeinsam beim FC arbeiten.
"Wenn du an der Spitze stehst, bist du für alles verantwortlich"
Beim Präsidium scheint es derweil keine Überlegungen zu geben, dass die Krise des 1. FC Köln auch auf das Trio um Dr. Werner Wolf zurückfallen könnte. Auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt des Vorstands im Falle eines Abstiegs erklärte der 64-Jährige: "Nein, warum sollten wir das tun? Wir sind von unserem Weg überzeugt."
Allerdings musste auch Wolf eingestehen: "Wenn du an der Spitze stehst, bist du in letzter Konsequenz für alles verantwortlich." Sportlich, finanziell und personell.
- Eigene Recherchen des GEISSBLOG