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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ratloser 1. FC Köln Die Luft für Trainer Gisdol wird dünner
Immer wieder Union Berlin: Der 1. FC Köln verliert an der Alten Försterei mit 1:2 (1:0) und lässt sich einmal mehr von den Eisernen in allen Belangen sezieren. Eine Analyse.
Union legte die Defizite der Geißböcke schonungslos offen und bringt Trainer Markus Gisdol damit in Erklärungsnot. Der FC-Coach muss nun erneut um seinen Job bangen – wie bereits zweimal zuvor nach Pleiten gegen die Köpenicker.
"Ich weiß nicht, wie man so Spiele gewinnen will." Rafael Czichos sprach am Samstag nach enttäuschenden 90 Minuten in Berlin aus, was die Fans des 1. FC Köln bereits seit Wochen denken. Seit fünf Spieltagen können die Geißböcke schon wieder nicht gewinnen. Gerade einmal einen Punkt holte der FC in dieser Zeit. Plötzlich ist der direkte Abstiegsplatz wieder eine unmittelbare Gefahr.
Defizite auf dem Spielfeld und auf der Trainerbank
Der 1. FC Union Berlin hat am Samstag gnadenlos offengelegt, woran es dem 1. FC Köln mangelt. Nicht an Einsatz, der war den Geißböcken im Stadion an der Alten Försterei nicht abzusprechen. Doch die taktischen und individuellen Defizite auf dem Spielfeld genauso wie auf der Trainerbank kosteten den FC etwas Zählbares.
Wieder einmal – zum 1:1 – schenkte Köln dem Gegner einen Elfmeter, der zwölfte in dieser Saison. Wieder einmal – zum 1:2 – fiel ein Gegentor über Kölns rechte Abwehrseite, weil diese von dem bedauernswerten Offensivspieler Marius Wolf nur aushilfsweise und nicht gut genug besetzt war. "Die Herangehensweise, wie wir Tore verteidigen wollen, ist das größte Problem", klagte Innenverteidiger Czichos hinterher. "Wenn wir das nicht ändern, wird es sehr schwierig."
Womit er den Finger in die entscheidende Wunde gelegt hatte. Der FC wollte in dieser Saison eigentlich über eine stabile Abwehr zum Erfolg kommen. Doch Markus Gisdol gelingt es nicht, seine Reihen zu schließen. Die drittschlechteste Defensive der Liga hat erst dreimal in dieser Saison kein Gegentor kassiert.
Seltene Führungen wie das 1:0 durch Ondrej Duda per Elfmeter in Berlin bringen die Geißböcke noch seltener über die Zeit. "Wir tun uns schwer, zu Null zu spielen", gestand der FC-Trainer hinterher. "Normalerweise spielt uns eine Führung gut in die Karten, der Gegner muss dann mehr öffnen. Berlin hatte die klareren Chancen, uns hat der Punch im letzten Drittel gefehlt."
Gisdols unerfüllte Hoffnung
Die harmlose Offensive war auch in Berlin wieder das zweite Kölner Problem. Gisdol hatte im vergangenen Herbst angekündigt, seine Mannschaft werde im Saisonverlauf die nötigen Automatismen entwickeln, um sich mehr Torchancen herauszuspielen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Auch bei Union trat der FC ideenlos auf und kam in Halbzeit zwei zu keiner echten Torchance mehr.
Das war auch die Folge einer Personalentscheidung, mit der Gisdol versucht hatte die Berliner zu überraschen. Vor der Abwehr und im Angriff hatte der 51-jährige ausschließlich gelernte zentrale Mittelfeldspieler nominiert: Meyer und Skhiri auf der Doppel-Sechs, Özcan und Rexhbecaj als verkappte Außenbahnspieler sowie Hector hinter Duda in der Offensive. Heraus kamen 90 Minuten, in denen Union nie Mühe hatte, die Kölner Angriffsbemühungen zu verteidigen.
Trainerdiskussion? Kapitän Hector hält sich raus
"Wir müssen gucken, was wir mit unserem Personal anrichten können", stellte Kapitän Jonas Hector hinterher indirekt die Qualitätsfrage. "Ich muss jetzt nicht über den Trainer diskutieren, dafür bin ich der Falsche." Dass nun jedoch wieder über Markus Gisdol diskutiert wird, überrascht nicht. Der FC taumelt seit Wochen zurück in Richtung Abstiegsplatz. Lösungen bot Gisdol zuletzt nicht mehr an.
Stattdessen war es einmal mehr Union Berlin, das den FC-Trainer ins Wanken gebracht hat. Schon zweimal lieferte der FC unter Gisdol gegen Union fußballerische Bankrotterklärungen ab und brachte den Trainer damit an den Rand der Entlassung. Im Dezember 2019 und im November 2020 konnte sich Gisdol jeweils mit überraschenden Siegen im nächsten Spiel retten. Einen solchen Erfolg wird es nun erneut brauchen. Aber ob sich Borussia Dortmund noch einmal derart überrumpeln lassen wird wie im Hinspiel?
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