Kiel Kieler Marinewerft TKMS will Kapazitäten erweitern
Die Kieler U-Boot-Werft Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) hat ein Auge auf die insolventen MV Werften geworfen. TKMS habe derzeit eine gute Auftragslage, sagte ein Werftsprecher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Im Zuge dessen gibt es auch Überlegungen über Kapazitätserweiterungen in Deutschland, um die Produktion der aktuellen Aufträge bestmöglich und vor allem zeitnah abwickeln zu können." Aktuell befinde sich das Unternehmen dazu "noch in einer Ideenphase, die Lage ist noch sehr allgemein".
Der Sprecher des Insolvenzverwalters der MV Werften, Christoph Morgen, wollte die Offerte weder bestätigen noch dementieren. Mit allen Interessenten sei Vertraulichkeit vereinbart worden. Wie es weiter hieß, sollen bis Anfang April indikative Angebote eingereicht werden. Diese enthalten den Angaben nach zunächst noch keine genauen Angaben der Interessenten zu ihren Plänen und der Finanzierung.
TKMS ist auf Jahre hinaus ausgelastet. Die Werft baut zwei U-Boote für die deutsche und vier weitere für die norwegische Marine. Das Auftragsvolumen beträgt rund 5,5 Milliarden Euro. Die Auslieferung des ersten U-Boots für Norwegen wird früheren Angaben zufolge 2029 erwartet, die Auslieferung der beiden Boote für die deutsche Marine ist für 2032 und 2034 geplant. Zudem wurde Ende Januar bekannt, dass Israel drei weitere U-Boote in Kiel kauft.
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur, "wenn TKMS bei uns in Kiel die Auftragsbücher voll hat und im Zweifel die Kapazitäten voll auslasten kann, dann haben wir überhaupt nichts dagegen, dass im Zweifel auch in Mecklenburg-Vorpommern etwas produziert wird". Er sehe dadurch keine negativen Auswirkungen für den Standort in Kiel. "Ganz im Gegenteil: Es sieht so aus, als ob TKMS erhebliches Volumen hat, das anders gar nicht untergebracht werden kann."
Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) wollte sich auf Anfrage nicht zum Stand der Verhandlungen äußern. "Es ist eine ganz sensible Phase", sagte Meyer dpa. Mit TKMS sei wie mit anderen Interessenten gesprochen worden und selbstverständlich sei Mecklenburg-Vorpommern ein interessanter Faktor bei deren Überlegungen über Kapazitätserweiterungen.
"Wir setzen ganz klar auf eine Lösung im Bereich des zivilen Schiffbaus", sagten Vanessa Müller und Peter Ritter, die neue Parteispitze der Linken im Nordosten. "Marineschiffbau und damit die Produktion von U-Booten oder Korvetten lehnen wir dagegen entschieden ab. Dies gilt erst recht, wenn solche militärischen Rüstungsprodukte auch noch für den Export in Krisenregionen dieser Welt vorgesehen sind."
Nach Ansicht des CDU-Fraktionschefs im Landtag in Schwerin, Franz-Robert Liskow, lasse die Nachricht nach zahlreichen schlechten industriepolitischen Meldungen der vergangenen Monate dagegen aufhorchen. "Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung die laufenden Gespräche mit großem Wohlwollen begleiten wird", sagte er.
Für den arbeitsmarktpolitischen Sprecher der AfD-Fraktion, Michael Meister, müsse nun oberste Priorität sein, dass ein zukunftssicherer Betrieb geplant ist, der auf einem soliden finanziellen Fundament steht und Arbeitsplätze in der Region schafft.
Am 1. März hat das Insolvenzverfahren für die MV Werften begonnen. Grund für die Insolvenz war der coronabedingte Einbruch auf dem weltweiten Kreuzfahrt-Markt, durch den der bisherige Werfteigner Genting Hongkong seine Zahlungsfähigkeit verloren hatte. Unklar ist, ob der von Genting in Auftrag gegebene Riesen-Kreuzliner "Global Dream" noch fertiggebaut werden kann. Insolvenzverwalter Christoph Morgen sucht nach einem neuen Abnehmer, wie auch nach Interessenten für die Werft-Standorte Wismar und Rostock-Warnemünde. Die Bürgerschaft in Stralsund hat bereits entschieden, das dortige Werftgelände zu kaufen.