Kiel Landtag untersucht Verfolgung der Sinti und Roma
Der Landtag will die Geschichte der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein aufarbeiten. Schwerpunkt sind Verfolgung und Vertreibung im Nationalsozialismus. Den Antrag beschlossen CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW am Donnerstag, dem Holocaust-Gedenktag. SPD und SSW hatten die Initiative ergriffen. In Absprache mit Vertretern der Sinti und Roma soll ein Forschungsprojekt starten.
Hass auf Sinti und Roma sowie deren Diskriminierung hätten sich über Jahrhunderte in Europa entwickelt und seien in der Gesellschaft auch heute tief verwurzelt, heißt es zur Begründung. Die Minderheit ist seit dem 15. Jahrhundert in Schleswig-Holstein ansässig. Sie ist hier wie die dänische und friesische Minderheit eine anerkannte nationale Minderheit und steht unter dem Schutz der Landesverfassung. Die systematische Verfolgung und die als Völkermord anerkannten Verbrechen an Sinti und Roma seien noch nicht umfassend aufgearbeitet.
Die Initiative sei wichtig für das Zusammenleben, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). "Wir dürfen dieses unfassbare Leid nicht vergessen." Sinti und Roma seien auch heute noch in Europa vielerorts von Diskriminierung und Verfolgung betroffen. Birte Pauls (SPD) verwies auf anhaltende Diskriminierung: Es sei unfassbar, wenn Menschen wegen ihres Nachnamens keinen Handy-Vertrag oder Kita-Platz bekämen. Kay Richert (FDP) verwies auf wechselseitige Vorbehalte; Aufarbeitung der Geschichte sei Voraussetzung für Integration.
Während des Nationalsozialismus fielen über 500.000 Sinti und Roma im besetzten Europa dem Holocaust zum Opfer. Auch etwa 400 aus Schleswig-Holstein kehrten aus den Lagern der Nazis nicht zurück. Heute leben in Deutschland 60.000 deutsche Sinti und 10.000 Roma, in Schleswig-Holstein Schätzungen zufolge 6000, vor allem in Kiel und Lübeck sowie im Raum Flensburg und im Hamburger Umland.