Kiel Trotz Kritik: Nur SSW stimmt gegen neues Gesetz
Gegen die Stimmen des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) hat der Landtag in Kiel am Freitag eine Neufassung des Wohnraumförderungsgesetzes verabschiedet. Mit der Gesetzesänderung würden neue praxistaugliche Rahmenbedingungen für den sozialen Wohnungsbau geschaffen, sagte Bildungsministerin Karin Prien in Vertretung der erkrankten Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU).
Das neue Gesetz sieht unter anderem vor, dass Wohnberechtigungsscheine künftig nur noch ein Jahr statt bislang zwei Jahre lang gültig sind. So könnten die jeweils aktuellen Einkommensverhältnisse zugrunde gelegt werden, sagte Prien. Dadurch werde sichergestellt, dass günstiger Wohnraum nur von den Haushalten bezogen werde, die wirklich auf ihn angewiesen seien.
Neu ist die sogenannte Öffnungsklausel. Sie sieht vor, dass Belegungsbindungen von einer Wohnung auf eine andere übertragen werden können, wenn das Einkommen der Mieter steigt. Bislang müssen Mieter ausziehen, wenn ihr Einkommen steigt und dadurch ihr Anspruch auf eine Sozialwohnung erlischt.
Nach der neuen Regelung können sie in der Wohnung bleiben, die Sozialbindung dieser Wohnung wird jedoch auf eine andere Wohnung übertragen. "Nicht die Mieterinnen und Mieter verlassen die Wohnungen, sondern der besondere Mieterschutz aus der Wohnraumförderung wechselt auf berechtigte Haushalte über", erklärte Prien.
Gerade diese Regelung kritisierte der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). "Mit diesem Gesetz schiebt Jamaika arme Mieter in die Randgebiete", sagte der Fraktionsvorsitzende Lars Harms. Diese Klausel sei zwar gut gemeint, aber nicht zielführend. "Dadurch entsteht nicht eine einzige Sozialwohnung zusätzlich. Wir hätten uns die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe gewünscht." Diese Abgabe war in Schleswig-Holstein 2004 abgeschafft worden - mit der Begründung, sie erfordere einen zu hohen Verwaltungsaufwand.
"Wenn diese Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes alles ist, was die Koalition zum Thema bezahlbares Wohnen kurz vor Torschluss zu bieten hat, spricht das für sich", sagte die SPD-Abgeordnete Özlem Ünsal. Das Gesetz könne nur einen kleinen Teil dazu beitragen, den geringen Wohnraum mit Belegbindungen gerechter zu verteilen. "Denn genau genommen geht es im Kern darum, die Konkurrenz um den sozialen Wohnraum zu entschärfen, in dem die Berechtigung, in geförderten Wohnraum einziehen zu dürfen, strengeren Regeln unterworfen wird."
Für die Grünen sagte deren wohnungspolitischer Sprecher Andreas Tietze, seine Fraktion vermisse ein Zweckentfremdungsverbot zumindest als Option für touristisch genutzte Orte. "Es kann nicht sein, dass die wunderschönen kleinen Städtchen Wochenend- und Urlaubsheimat für begüterte Großstädter werden, während ganz normaler Wohnraum zugunsten von Kurzzeitvermietung verloren geht" kritisierte Tietze.
Der Grundeigentümerverband Haus & Grund Schleswig-Holstein bemängelte, dass die Gesetzesnovelle nichts an dem Grundproblem der Fehlbelegung ändere. "Die Fehlbelegung ist ein Tabuthema, weil sich die Politik nicht traut, sich mit den großen Wohnungsunternehmen anzulegen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Verbandes, Alexander Blažek.