Kiel Ökoenergiepflicht für neue Heizungsanlagen ab Juli im Norden
Wer in seinem vor 2009 gebauten Haus in Schleswig-Holstein die Heizung erneuert, muss bei der Wärmeversorgung ab Juli auch auf erneuerbare Energien setzen. Konkret müssen mindestens 15 Prozent des jährlichen Bedarfs durch Öko-Energie gedeckt werden. Das ist eine Vorgabe des am Mittwoch vom Landtag in Kiel mit den Stimmen der Regierungsfraktionen beschlossenen neuen Energiewende- und Klimaschutzgesetzes.
Die Regierung reagierte damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts und neue gesetzliche Regelungen auf Bundesebene. Das Gericht hatte vom Bund verlangt, das Klimaschutzgesetz nachzubessern, um die Freiheitsrechte jüngerer Generationen zu schützen. Die Regierung setzt sich auch Ziele im eigenen Verantwortungsbereich. Die Wärme- und Stromversorgung der Landesliegenschaften soll bis 2040 CO2-frei gemacht werden. Bis 2030 sollen mit wenigen Ausnahmen alle Fahrzeuge der Landesverwaltung emissionsfrei sein.
Zudem werden auch mittelgroße Orte verpflichtet, kommunale Wärmepläne aufzustellen. Der Schienenpersonennahverkehr soll bis 2030 komplett treibhausgasneutral laufen. Auf geeigneten Dächern von Nichtwohngebäuden müssen künftig bei Neubau und Renovierung auf mehr als zehn Prozent der Fläche Photovoltaik-Anlagen installiert werden. Neu gebaute größere Parkplätze müssen Photovoltaik-Dächer bekommen.
"Ein ambitionierter Ausbau der Photovoltaik ist für die Erreichung der Klimaschutzziele dringend erforderlich", sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne). Es gebe erhebliches Potenzial für Solartechnik auf Gebäuden, im Norden seien aber nur 1,1 Gigawatt realisiert.
Albrecht wähnt das Land "weiter in der Pole Position bei der Energiewende". Neben ambitionierten Klimazielen gebe es erstmals eine Reihe konkreter Maßnahmen. "Noch nie waren wir ambitionierter in den Zielsetzungen, noch nie waren wir konkreter und verbindlicher bei den Maßnahmen."
Hart ins Gericht mit der Reform ging die Opposition. Das Land müsse angesichts seiner Voraussetzungen schneller sein als andere Länder, forderte SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli. "Deshalb fordern wir, dass Schleswig-Holstein schon 2040 klimaneutral ist." Notwendig seien nicht wohlklingende Pilotprojekte, sondern beherzte Schritte beim Klimaschutz.
"Die Klimafrage ist existenziell für Schleswig-Holstein", sagte Midyatli. Das Land sei durch den Anstieg des Meeresspiegels konkret bedroht. Das Gesetz sei jedoch ein Armutszeugnis. Es müsse nach der Landtagswahl im Mai nachgeschärft werden. Denn die zusätzlichen Maßnahmen reichten nicht aus, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen "und Schleswig-Holstein auf Kurs zu bringen." Es fehlten Ambitionen und Konsequenzen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Oliver Kumbartzky, bezeichnete die Kritik der SPD als unsachlich. Deren Alternativantrag sei ein "energiepolitischer Offenbarungseid". CDU-Fraktionschef Tobias Koch sprach von ehrgeizigen Zielen der Reform: "Wo wir in eigener Verantwortung handeln können, dort wollen wir nicht weiter warten."