Kiel Innenministerin und DLRG mahnen zu Wachsamkeit beim Baden
Strömungen in Flüssen, gesundheitsgefährdende Temperaturschwankungen in Seen, plötzliche Tiefenunterschiede in Kiesgruben, schlechte Schwimmfertigkeiten, Selbstüberschätzung - beim Baden lauern viele Gefahren. Nach mehreren tödlichen Unfällen in den vergangenen Tagen riefen Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und die Lebensrettungsgesellschaft DLRG am Donnerstag zu Vorsicht und Wachsamkeit auf. "Das ist entsetzlich", sagte Sütterlin-Waack (CDU) am Donnerstag in Kiel angesichts der jüngsten Todesfälle.
In Schleswig-Holstein und Hamburg waren mehrere Kinder und Jugendliche in Flüssen und Seen tödlich verunglückt. "Überschätzen Sie sich nicht, achten Sie aufeinander und insbesondere auf Kinder!", sagte Sütterlin-Waack. "Und beachten Sie unbedingt die Hinweise der Rettungsdienste!"
Allein in den letzten zwei Wochen hätten vier Kinder in Schleswig-Holstein ihr Leben im Wasser verloren, sagte DLRG--Landespräsident Jochen Möller. Die Hauptgefahren lägen in den Binnengewässern. Nur sechs Prozent aller Ertrinkungsfälle ereigneten sich an den gut bewachten Küsten von Nord- und Ostsee. Die Situation sei ernst, die DLRG mache sich große Sorgen um die Sicherheit am Wasser. Viele gefährliche Situationen könnten vermieden werden, wenn elementare Regeln beachtet werden. In unbekannten und unbeaufsichtigten Gewässern sollte nicht gebadet werden, sagte Möller.
Auch Baden in strömenden Gewässern mit regem Schiffsverkehr sollte vermieden werden. "Schwimmen in der Elbe ist so, als wenn Sie auf der Autobahn A7 oder A1 spielen - es ist einfach lebensgefährlich." Am Samstag war bei Kollmar ein neun Jahre altes Mädchen beim Baden in der Elbe in eine Strömung geraten und im Wasser verschwunden. Am Dienstag wurde ihre Leiche gefunden.
Die Ministerin dankte der DLRG für ihren Einsatz: Sie habe im vorigen Jahr 195 Menschen im Norden vor dem Ertrinken gerettet, in den vergangenen zehn Jahren 1250. Die DLRG rechnet in diesem Jahr generell mit mehr Badeunfällen - auch weil wegen des ausgefallenen Schwimmunterrichts in der Corona-Pandemie weniger Kinder schwimmen gelernt hatten.
In diesem Monat seien in Deutschland bereits mindestens 17 Menschen ertrunken, sagte Möller. Besonders problematisch sei ein dramatischer Anstieg der Nichtschwimmer. 60 Prozent der Kinder könnten nach der Grundschule nicht sicher schwimmen. In Schleswig-Holstein hätten seit Beginn der Corona-Pandemie 30.000 Kinder nicht Schwimmen lernen können; die Wartelisten für Kurse reichten teilweise bis zu zwei Jahren. Dies liege am Mangel an geeigneten Schwimmflächen in Bädern, sagte Möller. Die Ausbilder stünden zur Verfügung. Viele Bäder seien sanierungsabedürftig oder geschlossen worden. Möller rief Kommunen, das Land und Betreiber auf, Bäder zu erhalten, die auf der Kippe stehen. In Deutschland werde leider alle vier Tage ein Bad geschlossen.
Sütterlin-Waack bestätigte den Sanierungsstau. Als Beispiel für Hilfen des Landes nannte sie das Bad in Elsdorf-Westermühlen (Kreis Rendsburg-Eckernförde), das jetzt eine Million Euro bekomme.
Sütterlin-Waack appellierte an Eltern, die deutlich erweiterten Angebote für Schwimmkurse anzunehmen und sich von Wartelisten nicht abschrecken zu lassen. Das Land habe bereits vor Beginn der Pandemie die Mittel für die ehrenamtliche Schwimm- und Rettungsausbildung deutlich erhöht. Um den coronabedingten Rückstand abbauen zu können, seien die Gelder um 280.000 auf nun 400.000 Euro aufgestockt worden.
Das Land hat die Sanierung kommunaler Schwimmstätten in den Jahren 2015 bis 2020 nach Angaben des Innenministeriums mit 11,5 Millionen Euro aus Mitteln des Sonderprogramms "Impuls" unterstützt. Für das laufende Jahr sind aus diesem Topf noch einmal rund eine Million geplant. Hinzu kamen seit 2015 etwa 17 Millionen Euro aus Mitteln der Städtebauförderung von Bund und Land. In einer Umfrage hatten rund 120 Städte, Ämter und Gemeinden angegeben, zum Stichtag 1. Oktober seien von 48 Hallenbädern und 66 Freibädern etwa die Hälfte sanierungsbedürftig gewesen.