Gesundheitsministerium zufrieden Schleswig-Holstein vergibt Impftermine bei Eventim
Die Vergabe der Impftermine gegen das Coronavirus sorgt für reichlich Kritik. In Schleswig-Holstein setzt man jetzt auf ein anderes System.
In Schleswig-Holstein werden, anders als in Hamburg und vielen anderen Bundesländern, die Termine für Corona-Schutzimpfungen nicht zentral über die Kassenärztliche Vereinigung, sondern den Ticketing- und Konzertexperten Eventim vergeben. Grund für die Entscheidung sei die Erfahrung des Unternehmens aus Bremen gewesen, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Kiel der Deutschen Presse-Agentur. Nach Ansicht des Ministeriums ist das Unternehmen in der Lage, "ein begrenztes Gut", also Impftermine, auch unter hoher Auslastung von Anfragen zu vermitteln. Die Erfahrungen seien bislang positiv.
In Hamburg war, nach dem Ansturm auf die ersten 20.000 für das Impfzentrum in den Messehallen zu vergebenden Termine Ende vorletzter Woche, Kritik am System der Kassenärztlichen Vereinigung lautgeworden. Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) hatte angekündigt, sich nach Alternativen umzusehen, sollten sich Erreichbarkeit und Servicequalität nicht verbessern. Sie vertraue darauf, dass dies inzwischen geschehen sei, sagte ihr Sprecher. Wann in Hamburg neue Termine vergeben werden können, war wegen der Verzögerungen bei der Impfstofflieferung aber weiter unklar.
Start der Zweitimpfungen
Erstmals sollen am Dienstag in den Hamburger Messehallen Zweitimpfungen verabreicht werden, für die die Impfstoffdosen zurückgehalten wurden. Mit 500 dafür vorgesehenen Terminen pro Tag werde die Zahl der täglichen Impfungen damit verdoppelt, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung. Ausgelegt ist das Zentrum für bis zu 7.000 Impfungen pro Tag, für die dann auch Termine organisiert werden müssten.
Diese noch nie da gewesene "riesige logistische und organisatorische Aufgabe (...) lässt sich nur durch eine straffe Organisation bewältigen, die zugleich die notwendige Flexibilität besitzt, um wie derzeit bei weniger Impfdosenlieferungen, rasch reagieren zu können", sagte Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) der dpa. Wolle man das Versprechen der Bundesregierung erfüllen, müssten allein in Schleswig-Holstein zum Ende des Sommers rund 3,4 Millionen Impftermine vergeben werden können. "Wichtig ist uns, so schnell wie möglich den vorhandenen Impfstoff zu den Menschen zu bekommen – und das ist uns bisher in Schleswig-Holstein gelungen", sagte Garg.
Software auf Großveranstaltungen ausgelegt
Sein Sprecher nannte ein Beispiel: "Innerhalb von einer Minute waren mehr als 4.000 Termine in Warenkörben reserviert. In der Spitze des Anmeldeverfahrens gab es laut Eventim bis zu 3.225 Klicks pro Sekunde auf Impfen-SH.de." Das sei mit dem Ticketverkaufsstart der Tournee eines internationalen Popstars vergleichbar. "Eine Software zu nutzen, die auch bei anderen Großereignissen wie zum Beispiel der Fußballweltmeisterschaft genutzt wurde, ist daher naheliegend."
Die Terminvergabe sei von der Abwicklung her tatsächlich "nicht so sehr viel anders als Großevents", sagte Alexander Ruoff, Eventims Chief Operating Officer, der dpa. "Das heißt, limitierte Kapazitäten, idealerweise viele Interessenten." Das sei man gewohnt. "In Schleswig-Holstein läuft das System sehr stabil, sehr effizient. Aber natürlich ist die Knappheit der Impfdosen nicht durch uns zu lösen."
Ticketanbieter sieht Chance aus der Krise
Inzwischen gebe es erste Aufträge auch aus Österreich und aus Brasilien. "Wir sind aber auch mit anderen Bundesländern sowie europäischen Ländern in unterschiedlich fortgeschrittenen Gesprächen, von Finnland bis Italien", sagte Ruoff. "Heute können wir das System ja quasi aus der Schublade ziehen."
Für Eventim gehe es darum, Chancen, die sich aus der Corona-Krise ergeben, zu nutzen. "Es kann sich jeder vorstellen, dass wir im Moment wenig Möglichkeiten haben, unseren Kernleistungen nachzugehen: Es finden keine Konzerte, keine Veranstaltungen statt."
Zu den Kosten des Impfterminservice wollte sich Ruoff nicht äußern. Auch im Kieler Ministerium wurden keine Zahlen genannt. "Die sind abhängig von der Inanspruchnahme, also dem Anrufaufkommen sowie der Anzahl der Online-Buchungen", hieß es dort lediglich.
- Nachrichtenagentur dpa