Kiel Schleswig-Holstein lockert weitere Corona-Bestimmungen
Begleitet von moderaten Corona-Infektionszahlen steuert Schleswig-Holstein weitere Lockerungen an. Vom nächsten Sonnabend an dürfen Geschäfte wieder unabhängig von der Größe ihrer Verkaufsfläche öffnen. Dies bestätigte die Staatskanzlei am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Zunächst hatten die "Lübecker Nachrichten" berichtet. Angesichts der positiven Entwicklung der Neuinfektionen sei eine solche Lockerung verantwortbar, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) der Zeitung. Auflagen wie eine maximale Kundenzahl und die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gelten weiter.
Bisher sind Verkaufsflächen auf 800 Quadratmeter begrenzt, Buchläden, Lebensmittelhandel, Auto- und Fahrradgeschäfte ausgenommen. Die für zwei Wochen geltende Sondererlaubnis zur Sonntagsöffnung läuft aus. Sie wurde von Geschäftsleuten und Kunden auch kaum angenommen. Eine Aktivierung der Bäderregelung könne erst im Zusammenhang mit Erleichterungen für den Tourismus diskutiert werden, gab Günther an.
Die IHK Schleswig-Holstein lobte die Aufhebung der Flächenbegrenzung für Geschäfte. Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsunsicherheiten würden beseitigt, sagte Hauptgeschäftsführer Björn Ipsen. "Die Öffnung von Geschäften an Quadratmetervorgaben zu knüpfen, ist und war aus unserer Sicht vollkommen willkürlich." So äußerte sich bei NDR 1 Welle Nord auch Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP).
Die Zahl der im Land seit Ausbruch der Corona-Pandemie gemeldeten Infektionen mit dem neuartigen Virus stieg auf 2733. Laut Landesregierung waren dies bis Samstagabend 10 Fälle mehr als nach der Meldung des Vortags. Die Zahl der Todesfälle erhöhte sich um 1 auf 113. 65 Menschen sind in klinischer Behandlung, 6 weniger als nach der Vortagsmeldung. 2200 Corona-Infizierte sind genesen.
Bei ausländischen Schlachthofmitarbeitern in Kellinghusen im Kreis Steinburg erhöhte sich die Zahl der nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus Infizierten auf 49. Dies teilte die Kreisverwaltung auf ihrer Homepage mit. Insgesamt waren 108 Kontaktpersonen beprobt worden. Einige Ergebnisse stehen laut Kreisverwaltung noch aus. Die Betroffenen sind bei einem Schlachthof in der Nachbarstadt Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) beschäftigt. Ihre Wohnungen wurden für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt.
Von Montag an gelten im Norden weitere Lockerungen. So können Friseure, Museen und Spielplätze öffnen, Außenanlagen botanischer Parks ebenfalls und Sportboothäfen auch. Dauercamping wird wieder möglich. Für alle Maßnahmen gelten strikte Abstands- und Hygienevorgaben.
Gottesdienste sind mit begrenzter Teilnehmerzahl auch wieder möglich; die evangelische Kirche plant die ersten am nächsten Sonntag. Der religionspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jan-Marcus Rossa, kritisierte die vom CDU-geführten Bildungsministerium vorgesehene Flächenvorgabe von 15 Quadratmetern pro Gläubigen. Dies bedeute in kleineren Kirchen faktisch die Fortsetzung des Gottesdienstverbotes.
"Das Bildungsministerium muss die Verordnung dringend überarbeiten und die massive Einschränkung der Religionsfreiheit und insbesondere bei der Religionsausübung zurücknehmen", verlangte Rossa. "Bei 15 Quadratmetern pro Person müsste der Abstand zwischen den Gläubigen rund vier Meter betragen." Rossa plädierte für die 1,5-Meter-Regel.
Ab Montag können Alten- und Pflegeheime unter strengen Vorkehrungen Besuche ermöglichen - von einer Person, eventuell mit einem Begleiter, maximal für zwei Stunden. Eine dpa-Umfrage bei den Kreisen zum Stichtag 21. April hatte ergeben, dass fast die Hälfte der Corona-Toten in Schleswig-Holstein Heimbewohner sind. Die Pflegeberufekammer befürchtet mit den Lockerungen ein deutliches Ansteigen der Corona-Fälle in Heimen.
Ab Montag sind auch Zweitwohnungen wieder für ihre Besitzer zugänglich. Krankenhäuser dürfen grundsätzlich wieder Operationen vornehmen, die nicht so dringlich sind. An den Hochschulen dürfen Praxisveranstaltungen stattfinden, die für den Lehrbetrieb notwendig sind. Sogenannte kontaktarme Sportarten sind im Freien erlaubt - bei 1,5 Metern Abstand zwischen zwei Aktiven. Verleihe von Fahrrädern und Kanus dürfen öffnen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte wiederholt betont, dass alle Maßnahmen von der Entwicklung des Infektionsgeschehens abhängen.