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Kiel: Heizstrahler in Restaurants – nützlich oder schädlich?


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"Verbot wird Welt nicht retten"
Heizstrahler in Kieler Betrieben – Fluch oder Segen?

Von Sven Raschke

28.01.2020Lesedauer: 4 Min.
"Sidewalk" in der Holtenauer Straße: Auch hier stehen Wärmestrahler.Vergrößern des Bildes
"Sidewalk" in der Holtenauer Straße: Auch hier stehen Wärmestrahler. (Quelle: Sven Raschke)

Dass die kalte Jahreszeit in Kiel außergewöhnlich warm ausfällt, wird offenbar immer normaler. Schnee oder Minusgrade scheinen beinahe Themen einer Ära vor Fridays for Future zu sein. Und trotzdem sieht man auch in diesem milden Winter wieder vor vielen Restaurants Heizstrahler stehen.

Dabei beklagen Umweltschützer seit Langem, dass die energiefressenden Outdoor-Heizungen zu eben jener Klimaerwärmung beitragen, die sie mehr und mehr überflüssig macht. Viele Städte denken deshalb über ein Verbot nach. In Kiel sind Heizpilze und andere Wärmestrahler bisher noch erlaubt. Aber wird es auch dabei bleiben – und wie stehen Restaurantbesitzer und Gäste in Kiel zu den Wärmespendern?

Heizstrahler sind überall

Ein Rundgang durch die Stadt zeigt: Das "Louf" an der Kiellinie hat ein halbes Dutzend Heizpilze im Außenbereich stehen. Bei der Pizzeria "POI" im Stadtviertel Blücherplatz heizen elektrische Wärmestrahler den Wintergarten, ebenso wie beim Restaurant "Gosch" an der Kiellinie. Im Restaurant "N.i.L." in der Holtenauer Straße sind ganze neun der gasbetriebenen Heizpilze aufgestellt. "Ein Verbot würde uns ganz schön hart treffen", sagt einer der Angestellten.

"Im Winter würde keiner mehr draußen sitzen"

Beim Restaurant "Nordwind" an der Kiellinie wärmen zwei Heizstrahler den Außenbereich. "Die sind elektrisch betrieben, nicht mit Gas", rechtfertigt der Geschäftsführer Jan Riedel den Einsatz. Ein Verbot sehe er kritisch: "Dafür ist die Nachfrage leider zu hoch. Die Heizstrahler locken viele Gäste an. Im Winter würde keiner mehr draußen sitzen, und drinnen haben wir nicht so viele Sitzplätze."

Stefan Scholtis, Hauptgeschäftsführer des Gaststättenverbandes Dehoga Schleswig-Holstein, springt den Restaurant-Betreibern bei. "Seit es das Rauchverbot gibt, muss es ja eine Alternative für Raucher geben", so Scholtis. "Solange es noch keine andere Technologie gibt, den Gästen die kältere Jahreszeit draußen angenehm zu machen, sind Heizstrahler unerlässlich." Im Falle eines Verbotes rechnet er mit Umsatzeinbußen von 20 bis 25 Prozent.

Auch Restaurantgäste, die unter den umstrittenen Wärmespendern sitzen, haben auf Nachfrage naturgemäß wenig gegen diese einzuwenden. "Im Winter kann man sonst ja gar nicht draußen sitzen", sagen zwei Rentner, die sich im "N.i.L." zwischen zwei Heizpilzen wärmen. "Find ich gut, gerade wenn man Raucher ist", sagt eine junge Besucherin des "Nordwind".

Eine Frau auf einem Nebenplatz denkt ähnlich: "Im Winter finde ich’s gut. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die so viel Energie verbrauchen." – "Wenn man draußen sitzen will, ist das sehr angenehm – auch wenn Greta das nicht gefällt", sagt ein Mann mittleren Alters, der im Wintergarten des Restaurants "Gosch" an der Kiellinie unter einem Heizstrahler sitzt. "Durchs Ausstellen der Heizstrahler werden wir die Welt nicht retten."

"Überflüssiger Luxus"

Je weiter man sich aber vom wärmenden Radius der Heizstrahler wegbewegt, desto kritischer werden die Meinungen. "Eine schöne Wärmequelle – aber vielleicht ist es auch überflüssiger Luxus", meint eine Frau. "Entweder ich ziehe mich warm an, oder ich gehe rein." Ein junges Paar, das nur wenige Meter entfernt von einem der Heizstrahler des "Nordwind" sitzt, sieht es ähnlich: "Lieber ein wärmendes Getränk. Und so kalt ist es ja auch nicht." Eine ältere Frau, die gerade das Restaurant betritt, wird deutlicher: "Da halte ich gar nichts von, weil es so viel Strom frisst."

Vom Umweltbundesamt heißt es dazu: "Aus Klimaschutzsicht sind Heizstrahler sehr kritisch zu beurteilen. Sowohl mit Propangas betriebene als auch elektrische Terrassenheizstrahler verursachen einen hohen CO2-Ausstoß." Das liegt auch daran, dass die Erwärmung der dem Wind und Wetter ausgesetzten Außenbereiche im Vergleich zu isolierten Innenräumen extrem ineffizient ist. Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) könnte man mit einem einzigen Heizstrahler ein kleines Einfamilienhaus komplett beheizen.

Viele Städte haben die Heizstrahler schon verboten

In einer Reihe von Städten ist die gewerbliche Nutzung von Heizpilzen deshalb bereits verboten (München, Berlin, Köln, Nürnberg, Ludwigsburg, Stuttgart, Tübingen). Auch in Kiel war ein Verbot vor Jahren einmal im Gespräch. 2014 machte sich Peter Todeskino (Grüne), damals stellvertretender Bürgermeister, für ein Heizstrahler-Verbot stark. "Raucher müssen dann auch mal in der Kälte stehen", sagte er gegenüber den "Kieler Nachrichten". Doch alles, was 2014 herauskam, war ein Beschluss, mit allen Interessensgruppen über ein mögliches Verbot zu reden. Und bei Worten blieb es.

"Die Stadt hat einen Rückzieher gemacht, aus Angst vor den Gastronomen", erinnert sich Ulrike Hunold von der Umweltschutz-Organisation BUND Kiel. Für sie ist ganz klar, dass es höchste Zeit ist für ein Verbot, "insbesondere, wo im letzten Jahr der Klimanotstand in Kiel ausgerufen wurde".

Vorstoß der Opposition blieb erfolglos

Doch seit 2014 hat man zum Thema Heizstrahler wenig aus dem Rathaus gehört. Einen erneuten Verbotsversuch gab es zuletzt im November 2019 von der Opposition. Die Linke stellte einen Antrag auf Verbot von Heizpilzen auf öffentlichen Flächen. Ratsfrau Svenja Bierwirth von den Linken sagte zur Begründung: "Heizpilze, die schon fast ein Symbol für die sorglose und überflüssige Verschwendung von Energie bei gleichzeitig möglichst hoher CO2-Erzeugung sind, haben in einer Klimaschutzstadt einfach nichts zu suchen!" Der Antrag wurde abgelehnt.

Andreas von der Heydt, Amtsleiter des Umweltschutzamtes, begründet die Ablehnung damit, dass ein Verbot "eher eine symbolische Maßnahme wäre, die nur sehr geringe CO2-Einsparungen mit sich bringt" und verweist auf andere Klimaschutzmaßnahmen der Stadt. Die Freunde der Wärmestrahler können also beruhigt sein. So bald wird sie ihnen in Kiel niemand wegnehmen.

Verwendete Quellen
  • Gespräche vor Ort
  • Interview mit Stefan Scholtis
  • Eigene Recherche
  • Webseite der Stadt Kiel
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