Regierung Schwarz-Grüner Koalitionsvertrag in Kiel unterzeichnet
Die Spitzen von CDU und Grünen in Schleswig-Holstein haben am Dienstag in Kiel den gemeinsamen Koalitionsvertrag offiziell unterzeichnet. Die acht Mitglieder der Steuerungsgruppe setzten am späten Vormittag ihre Unterschriften unter das Dokument, darunter Ministerpräsident Daniel Günther und Bildungsministerin Karin Prien für die CDU sowie Finanzministerin Monika Heinold und die designierte Sozialministerin Aminata Touré für die Grünen. Dies sei ein guter Tag für Schleswig-Holstein, sagten Günther und Heinold übereinstimmend.
Er freue sich, dass beide Parteien klar für den Koalitionsvertrag votiert hätten, sagte Günther. Es ist das erste schwarz-grüne Bündnis im nördlichsten Bundesland. In den vergangenen fünf Jahren hatten beide Parteien noch gemeinsam mit der FDP regiert.
"Das werden fünf Jahre mit ganz, ganz besonderen Herausforderungen, die wir zu meistern haben", sagte Günther. Schwarz-Grün habe sich auf ehrgeizige Klimaziele verständigt und beschreibe im Koalitionsvertrag, wie diese erreicht werden könnten. "An die Arbeit werden wir uns jetzt sehr schnell machen."
Schwarz-Grün werde eine moderne Regierung sein, die gestalte und verbinde, sagte Heinold, die mit dem Fahrrad gekommen war. Der Koalition sei bewusst, dass sie - wie auch die Bürger - schwierige Jahre vor sich habe. Heinold verwies auf die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine, eine unsichere Einnahmesituation sowie steigende Zinsen und Preise. "Aber wir sind fest entschlossen, Halt zu geben, Sicherheit zu geben." Die Koalition wolle dazu beitragen, dass der soziale Zusammenhalt bleibe und möglichst besser werde. "Danke, Daniel, für die fairen Verhandlungen und für den wirklich guten Vertrag", sagte Heinold an Günther gewandt.
"Wir haben uns für einen Koalitionsvertrag entschieden, der Zuversicht ausstrahlt, der Zukunft gestalten will und der sich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt kümmert", sagte Heinold. "Es ist eine Klimaschutzkoalition." Sie unterschreibe den Koalitionsvertrag gerne. "Ich hätte nie gesagt, dass ich als Grüne einmal voll überzeugt sage: Ich unterschreibe gerne einen schwarz-grünen Koalitionsvertrag - aber so ist es heute."
Die Finanzministerin bekannte sich zur Aufstockung des Führungspersonals in der künftigen Landesregierung. "Wir brauchen eine stark aufgestellte Regierung und Verwaltung - wir haben verschiedene Krisen, die es zu bewältigen gibt, das muss alles leistbar sein", sagte sie. "Deshalb kann ich es gut verantworten, auch als künftige Finanzministerin, dass wir mehr Führungspersonal haben." Künftig wird es zwei Ministerposten und vier Staatssekretäre mehr geben als in der alten Regierung.
Landesparteitage von CDU und Grünen hatten am Montagabend in Neumünster das Verhandlungsergebnis gebilligt. Nun kann Günther am Mittwoch wieder zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die Koalitionspartner haben im Landtag 48 der 69 Mandate. Mit zwei künftigen Ressortchefs setzt die Koalition besondere Akzente: Die 29 Jahre alte Touré wird erste afrodeutsche Ministerin in Deutschland und der bisherige Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (Wirtschaft/Parteilos) der erste Däne mit Ministerrang.
Die CDU hatte die Landtagswahl am 8. Mai klar mit 43,4 Prozent vor den Grünen gewonnen, die 18,3 Prozent holten. Die CDU hätte auch mit der FDP oder dem SSW Zweierkoalitionen bilden können, aber Günther entschied sich für die Grünen.
Die CDU trägt künftig die Verantwortung für fünf Ministerien: Bildung (Karin Prien), Inneres (Sabine Sütterlin-Waack), Justiz/Gesundheit (Kerstin von der Decken), Wirtschaft (Madsen) und Landwirtschaft (Werner Schwarz), die aus dem Umweltministerium herausgelöst wird. Die Grünen besetzen außer Finanzen und Soziales das Ressort Umwelt/Energie (Tobias Goldschmidt). Die CDU stellt mit Dirk Schrödter - künftig im Ministerrang - auch den Staatskanzleichef.
Kritik an Personalentscheidungen Günthers kam von SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. Unter Hinweis auf das unter Madsen in Rostock gescheiterte Projekt Bundesgartenschau 2025 nannte er dessen Nominierung fragwürdig. Nun liege ein so kompliziertes Thema wie die industrielle Transformation an der Westküste in den Händen von jemandem, der eine Gartenschau nicht hinbekomme. Der Oppositionsführer kritisierte auch die Herauslösung der Landwirtschaft aus dem Umweltministerium und die Besetzung des Agrarressorts mit dem Ex-Bauernpräsidenten Schwarz. Diesen schätze er zwar. "Aber er ist eben Lobbyist."
Die künftige Ministerin für Justiz und Gesundheit sei eine verdiente Akademikerin, habe aber nach eigenen Worten keine Erfahrung in der operationellen und praktischen Umsetzung von Politik. Im Koalitionsvertrag passe vieles nicht zusammen, sagte Losse-Müller. Es gebe auch keinerlei Lösungen für die vielen angesetzten Ziele. Der Vertrag werde vielen anstehenden Aufgaben nicht gerecht. In der Innenpolitik gebe es ein Rollback. Seine Fraktion werde bei der Wahl des Ministerpräsidenten komplett mit Nein stimmen.
CDU und Grüne hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, Klimaneutralität bis 2040 anzustreben und erneuerbare Energien auch an Land auszubauen. Ab 2025 ist für Neubauten eine Solardachpflicht vorgesehen. Bei der inneren Sicherheit setzte sich die CDU unter anderem mit mehr Befugnissen für die Polizei durch. Es soll auch eine Cyber-Hundertschaft gebildet werden. Bürgerbegehren werden erschwert.