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Regierungsbildung | Letzte Verhandlung billigt schwarz-grünen Koalitionsvertrag


Regierungsbildung
Letzte Verhandlung billigt schwarz-grünen Koalitionsvertrag

Von dpa
Aktualisiert am 23.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Finales Treffen von CDU und Grüne in KielVergrößern des Bildes
Monika Heinold, Aminata Touré (beide Die Grünen) und Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident. (Quelle: Frank Molter/dpa/dpa-bilder)
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CDU und Grüne in Schleswig-Holstein wollen bis 2040 Klimaneutralität für das Land erreichen, die erneuerbaren Energien samt Windkraft an Land weiter ausbauen sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen. Dies gehört neben einer Stärkung der inneren Sicherheit zu den Kernzielen, auf die sich beide Parteien in ihren Koalitionsverhandlungen verständigt haben.

Er präsentiere den Vertrag voller Stolz, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Mittwoch in Kiel. "Das ist ein ehrgeiziges Programm." Die Grünen hatten für Klimaneutralität das Jahr 2035 avisiert.

Die 24-köpfige Hauptverhandlungsrunde billigte am Mittwoch den 244 Seiten starken Koalitionsvertrag, den die achtköpfige Steuerungsgruppe am Vorabend abschließend behandelt hatte. Die Zuständigkeit für Landwirtschaft wird auf Druck aus der konservativen Bauernschaft vom Grünen-geführten Umweltministerium abgetrennt.

Ziel sei es, das Land fünf Jahre lang gemeinsam verlässlich zu regieren, sagte Grünen-Finanzministerin Monika Heinold. "Dafür ist der Koalitionsvertrag eine zukunftsorientierte Grundlage." Beide Parteien verbinde ein großer Gestaltungswillen. Für ihre Partei seien Klima- und Artenschutz zentrale Aufgaben. Heinold hatte am Nachmittag einen speziellen Grund zur Freude: "Nun kann ich mich wieder auf die Kieler Woche konzentrieren".

Günther hatte am Dienstag nach achtstündigen Abschlussverhandlungen angekündigt, das Bündnis wolle die großen Themen mit Mut angehen, trotz nicht einfacher finanzieller Lage des Landes. "Das ist der Geist auch dieses Koalitionsvertrages."

Am nächsten Montag sollen beide Parteitage dem Koalitionsvertrag zustimmen. Zweifel daran gibt es nicht. Günthers Wiederwahl zum Ministerpräsidenten im Landtag ist für zwei Tage darauf vorgesehen. Danach soll auch sein neues Kabinett im Parlament vereidigt werden.

"Uns verbindet der Anspruch, die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft gemeinsam zu lösen. Wir sind bereit, dafür neue Wege zu gehen", heißt es in der Präambel zum Koalitionsvertrag. Dieser steht unter dem Motto "Ideen verbinden - Chancen nutzen - Schleswig-Holstein gestalten".

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien an Land soll kräftig steigen, für Neubauten von Häusern soll ab 2025 eine Solarpflicht für Dächer greifen. Eine befristete Erweiterung der Öl-Fördermengen in der Nordsee könne zur Energieunabhängigkeit Deutschlands beitragen. Bis 2038 soll die Förderung von Kohlenwasserstoffen insgesamt beendet werden. Der Atomausstieg soll konsequent umgesetzt werden.

CDU und Grüne bekennen sich dazu, dass die A20 wie im aktuellen Bundesverkehrswegeplan verankert auf der geplanten Trasse gebaut wird. Die Kitas sollen mehr Plätze und Fachkräfte bekommen; für Familien ist zum Ersterwerb einer Immobilie eine Eigenheimzulage geplant. An den Schulen werde es erweiterte Ganztagsangebote geben, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Informatik werde flächendeckend Pflichtfach an den weiterführenden Schulen.

An Kriminalitätsschwerpunkten und "Angsträumen" soll die Videoüberwachung verstärkt werden. Der Verfassungsschutz soll in Ausnahmefällen zur Abwehr einer dringenden Gefahr "die Möglichkeit zur technischen Datenerhebung in oder aus Wohnungen" bekommen. Der Einsatz von Bodycams auch in Wohnungen werde ermöglicht, sagte Günther. Die Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt bleibt.

Der Anteil an ökologisch wirtschaftenden Betrieben - derzeit sechs bis sieben Prozent - soll verdoppelt werden. Die Grünen hatten vor der Landtagswahl 30 Prozent als Ziel genannt.

Die Zuständigkeiten für Umwelt und Landwirtschaft werden nach langem wieder getrennt. Es gibt künftig statt sieben demnach acht Fachressorts: Davon entfallen Justiz/Gesundheit, Bildung/Wissenschaft, Inneres, Wirtschaft und Landwirtschaft auf die CDU sowie Umwelt/Energie, Finanzen und Soziales auf die Grünen. Staatskanzleichef Dirk Schrödter (CDU) wird zuständig für die Digitalisierung und bekommt Ministerrang.

Die Trennung von Landwirtschaft und Umwelt gilt als problematisch, weil damit Reibungsverluste drohen, die zuvor innerhalb eines Hauses abgeräumt werden konnten. Bauernverbandspräsident Werner Schwarz hatte zwar CDU-Verantwortung für die Landwirtschaft eingefordert, aber für ein Zusammenbleiben beider Bereiche plädiert.

Die CDU leite ihren Anspruch auf die Landwirtschaft aus ihrem hohen Wahlergebnis ab, sagte Günther. Sie hatte bei der Landtagswahl 43,4 Prozent geholt und die Grünen 18,3.

Man habe sich klug verständigt, um politischen Streit zu verhindern, sagte Günther. Zwischen Naturschutz und Landwirtschaft gebe es sehr enge Anbindungen. Verantwortungen würden genau festgelegt. Heinold stellte eine enge Kooperation zwischen den künftig getrennten Häusern in Aussicht.

Die Grünen wollen ihrem Landesparteitag vorschlagen, dass ihre Co-Spitzenkandidatin Aminata Touré (29) Sozialministerin wird. Heinold (63) soll Finanzministerin bleiben, Umweltstaatssekretär Tobias Goldschmidt zum Minister aufsteigen. Auf CDU-Seite bleiben Bildungsministerin Prien und die am Mittwoch in Schwarz-Grün erschienene Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack im Amt. Die Besetzungen für Justiz/Gesundheit, Wirtschaft und Landwirtschaft sind Günther zufolge auch geklärt. Er wolle sie auf dem Parteitag am Montag bekanntgeben.

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