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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bäume als umstrittene Idee Diskussion um Zukunft des Karlsruher Marktplatzes
Der Marktplatz in Karlsruhe gilt als das Herzstück der Stadt. Momentan bekommt der Platz, der mehrere Jahre eine Großbaustelle war, seine finale Versiegelung mit Natursteinplatten. Die künftige Gestaltung des Platzes wird allerdings lebhaft diskutiert. Kritiker fordern Bäume, mehr Schatten und mehr Kühlung.
Der Marktplatz in Karlsruhe wird neu gestaltet. Ende 2020 soll er fertig sein, ein Großteil der Bauarbeiten ist bereits abgeschlossen. Jetzt geht es um die Details – und die sind heftig umstritten. Seit einigen Monaten wird das Herzstück der Stadt mit portugiesischen Natursteinen versiegelt. 20.000 Steine sind es insgesamt, die aus Steinbrüchen der Berge Lusitaniens herbeigeschafft und auf den 7.000 Quadratmetern zwischen dem klassizistischen Weinbrenner-Ensemble ausgelegt werden.
Die Kontroverse um die Gestaltung des Marktplatzes erhitzt die Gemüter. War es zu früheren Zeiten der nervende Straßenbahnverkehr, dann die Vielzahl der Großbaustellen in der City, die viele Bürger beklagt haben, so ist es jetzt der Marktplatz. Seine vorgesehene Gestaltung ist Manchem als Sünde gegen das Stadtklima ein Dorn im Auge.
Die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger sind sehr geteilt. Für die Einen ist alles zu puristisch und zu karg, sie fürchten eine öde Steinwüste. Für die Anderen ist der Platz mit der neuen Versiegelung ein schöner und ästhetischer, seit jeher ganz freier Platz. Wieder andere sind der Meinung, ein Platz lebe von Sitzgelegenheiten und Bäumen, nur dann sei er auch als Naherholungsoase nutzbar.
Erbe des Architekten Weinbrenners ist umstritten
Durch die globale Klimaerwärmung, führen sie an, würde sich der Bodenbelag während der heißen Sommermonate aufheizen. Bäume werden gefordert, nicht zuletzt, weil sie Kohlenstoffdioxid und andere Treibhausgase aus der Atmosphäre binden können.
Denkmalamt und Traditionalisten verweisen jedoch auf die klassizistischen Vorgaben Weinbrenners. Der Architekt, der sich in Karlsruhe mit vielen Bauten verewigt hat, hatte den Platz in seiner großzügigen und weit ausladenden Form als eben jenes Ensemble geplant, das bis heute als eine der bedeutendsten städtebaulichen Leistungen des Klassizismus gilt.
Dass 1807 noch keine Bäume auf dem Marktplatz standen, bedeute aber noch lange nicht, heute keine zu pflanzen, so das Gegenargument. Die Welt habe sich seit Weinbrenner weiterentwickelt, der Architekt habe im Konzept für seine "Via Triumphalis" schließlich auch keine U-Bahn vorgesehen, die jetzt unter dem Marktplatz verläuft.
Zukunft noch ungewiss
Die Planung von 34 Wasserdüsen, deren feiner Sprühnebel eine Erfrischung der Bürger darstellen soll, reicht ihnen ebenso wenig aus wie das Argument, sich an heißen Tagen unter den Arkaden der umliegenden Gebäude abkühlen zu können. Sie fordern eine Bepflanzung des Platzes mit großen schattenspendenden Bäumen. Dies ist jedoch – auch ganz unabhängig von den Bedenken, die der Denkmalschutz vorbringt – wegen der unter dem Marktplatz befindlichen Tunnelhaltestelle und einem dichten Leitungsnetz aus Elektro-, Wasser- und Versorgungsleitungen, ausgeschlossen, argumentiert Oberbürgermeister Frank Mentrup.
Irgendetwas müssen sich die städtischen Verantwortlichen allerdings ganz sicher einfallen lassen, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Für eine Bürgerbeteiligung ist es jetzt zu spät. Noch ist die Gestaltung allerdings nicht abgeschlossen. Schattenspendende Sonnensegel, große attraktive Pflanzenkübel und weitere Wasserspiele sind auch im Rathaus durchaus denkbar – und könnten dem Platz in Zukunft neue Aufenthaltsqualität geben.
- Eigene Recherche