Lüneburg OVG kippt Obergrenze bei Veranstaltungen unter freiem Himmel
Auch in Niedersachsen dürfen sich wieder mehr Menschen bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen unter freiem Himmel treffen - jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen. Die höchsten Verwaltungsrichter kippten per Beschluss vom Freitag die bisherige Begrenzung, welche die Regierung wegen der Corona-Lage im Unterschied zu vielen anderen Ländern noch in Kraft gelassen hatte.
Eine Beschränkung auf 500 Menschen sei für sehr große Veranstaltungsorte wie etwa Fußballstadien nicht mehr angemessen, teilte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg mit. Eine solche Festlegung durch eine pauschale, absolute und nicht im Verhältnis zur jeweiligen Kapazität stehende Obergrenze verstoße zudem gegen den Gleichheitssatz, weil sie größere Einrichtungen gegenüber kleineren benachteilige. Die Richter betonten jedoch, eine Begrenzung an sich sei nicht zu beanstanden. Für die Zulassung größerer Gruppen ist daher eine Genehmigung der zuständigen Behörde vor Ort nötig. Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.
Die Entscheidung dürfte vor allem Fußballfans und -vereine im Land interessieren. Die Drittliga-Clubs Eintracht Braunschweig, SV Meppen und VfL Osnabrück waren es auch, die den Stein ins Rollen gebracht hatten. Sie waren gegen die bisherigen Regeln juristisch vorgegangen.
Nicht nur sie können sich nun auf den Richterspruch berufen. Künftig dürfen auch der Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg oder der Zweitligist Hannover 96 wieder vor mehr als 500 Zuschauen spielen. In vielen anderen Bundesländern sind bei Veranstaltungen bereits wieder mehr Zuschauer erlaubt, Niedersachsen fuhr noch einen vergleichsweise strikten Kurs.
An diesem Wochenende können die Teams in Hannover (am Sonntag gegen Darmstadt 98) und Meppen (am Samstag gegen 1860 München) bereits wieder vor jeweils 5000 Fans spielen. Auch Eintracht Braunschweig hat beim zuständigen Gesundheitsamt einen Antrag auf Erweiterung der Zuschauerkapazität beim Heimspiel gegen den SC Freiburg II gestellt.
Aus der Landesregierung hieß es am Freitagnachmittag, man respektiere "selbstverständlich die Entscheidung" aus Lüneburg. Es sei ohnehin geplant gewesen, "im Bereich der Großveranstaltung in der nächsten Verordnung erste Lockerungen vorzunehmen", wenn die Situation dies zulasse. "Die Landesregierung erwartet darüber hinaus, dass die Vereine ihrer Verantwortung zur Vermeidung von Infektionen auch im Rahmen der Zu- und Abwege in den Stadien gerecht werden und mit Augenmaß vorgehen." Das Gesundheits- und Sozialministerium erklärte in Hannover, man nehme die Entscheidung der Justiz zur Kenntnis - und wies auf den "Genehmigungsvorbehalt" der Gesundheitsämter hin.
Es ist auch in Niedersachsen nicht das erste Mal, dass ein OVG einzelne Bestimmungen aus Verordnungen des Landeskabinetts zum Pandemie-Schutz als überzogen ansieht. Erst Ende Januar hatten die Lüneburger Richter die 2G-Regelung für die Nutzung von Sportanlagen an der frischen Luft außer Vollzug gesetzt: Sie gaben dem Eilantrag einer Golfspielerin statt, die nicht geimpft oder genesen ist.
Vor Weihnachten kassierte das OVG die 2G-Regel auch im Einzelhandel: Nicht gegen das Coronavirus geimpfte Menschen durften unter Beachtung der sonstigen Vorsichtsregeln und mit einem negativen Test damit in Niedersachsen wieder shoppen gehen. Die verschärften Maßnahmen für körpernahe Dienstleistungen wie Friseurbesuche erklärte das OVG ebenfalls für nicht zulässig. Im Frühjahr kippten die Richter das zunächst geltende Beherbergungsverbot für auswärtige Touristen in Niedersachsen, zum Jahreswechsel 2020/2021 das Feuerwerksverbot.