"Es wird enger, es wird voller" Zahl der Geflüchteten in Niedersachsen steigt rasant
Viele Schutzsuchende kommen zurzeit nach Deutschland. Viele Aufnahmeeinrichtungen sind überlastet, die Politik ringt nach Lösungen.
Niedersachsen verzeichnet einen starken Anstieg der Flüchtlingszahlen. Seien im Juli noch pro Woche etwa 500 bis 600 Asylsuchende gekommen, seien es mittlerweile mehr als 1.300, teilte das Innenministerium in Hannover am Donnerstag mit. Die Landesaufnahmebehörde stoße dadurch an die Grenze ihrer Kapazitäten.
"Es wird enger, es wird voller", sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD) im Innenausschuss des Landtags. Derzeit seien alle rund 9.500 Plätze der Landesaufnahmebehörde belegt. Dadurch leide die Qualität der Unterbringung. An den Standorten Bramsche, Braunschweig, Celle, Fallingbostel, Friedland, Oldenburg und Osnabrück sei man in eine Notbelegung übergegangen. Das bedeutet, dass mehr Menschen in den Zimmern untergebracht und auch Hallen und Schulungsräume als Unterkünfte genutzt werden.
Behrens erwartet "ganz schwierigen Herbst"
Behrens sprach von einer enormen Belastung und kündigte an: "Sowohl das Land als auch die Kommunen werden in den kommenden Wochen sicherlich überall alle Unterbringungsmöglichkeiten nutzen müssen, die wir bekommen können. Das wird Belastungen auch für die Menschen vor Ort mit sich bringen." Niedersachsen sei dabei kein Sonderfall. "Wir erwarten insgesamt in allen 16 Bundesländern einen ganz schwierigen Herbst", sagte die Ministerin.
Die Aufnahmequoten der Kommunen sollen daher zum 1. Oktober angehoben werden. "Wir werden wieder mehr Flüchtlinge in die Kommunen verteilen müssen", sagte Behrens. Für kommenden Montag sei dazu ein Spitzengespräch mit den Kommunalverbänden geplant.
Die Suche nach Unterkünften gestalte sich aber weiter schwierig. Man müsse sich daher darauf einstellen, dass auch winterfeste Zelte benötigt werden. "Wir wollen Obdachlosigkeit vermeiden, das ist unser oberstes Gebot", sagte Behrens.
Messegelände in Hannover steht aktuell nicht zur Verfügung
Erschwerend komme hinzu, dass das Messegelände in Hannover in den nächsten zwei Monaten nicht als Notunterkunft genutzt werden könne. Damit fielen 3.000 Plätze weg. Zudem lägen für die Inbetriebnahme der Flüchtlingsunterkunft in Bad Sachsa mit 400 Plätzen nach wie vor nicht alle Genehmigungen vor. Der Standort solle nun aber mit 200 Plätzen als Notunterkunft genutzt werden, sagte Behrens.
Die Registrierung, Erstuntersuchung und Erfassung der Identität der Asylsuchenden ist der Ministerin zufolge jedoch weiterhin zentral möglich, bevor die Menschen auf die Kommunen verteilt werden. "Das passiert weiterhin, das kriegen wir auch hin", versicherte sie.
Meiste Asylsuchende aus Syrien, Türkei und Afghanistan
Hauptherkunftsländer sind nach Behrens' Worten Syrien, die Türkei und Afghanistan, wobei die Menschen überwiegend auf dem Landweg nach Deutschland kämen. Im Fokus stehe dabei eine Ost-Route über Russland und Weißrussland. Man habe es mit einer hybriden Kriegsführung von Russlands Präsident Wladimir Putin zu tun, sagte Behrens. Sowohl Russland als auch Weißrussland gäben Visa an Menschen aus, die dann über Polen oder Tschechien nach Deutschland gelangten.
Während die Innenministerin betonte, Debatten über eine Obergrenze führten nicht weiter, forderte sie die EU auf, diese müsse sich mehr mit den Fluchtursachen beschäftigten und Abkommen mit den Herkunftsländern schließen. Derzeit nehme Deutschland fast jeden dritten Asylsuchenden in der EU auf, diese Entwicklung sei nicht zu akzeptieren. Zudem appellierte Behrens an den Bund, sich finanziell stärker an den Kosten der Flüchtlingsaufnahme zu beteiligen.
- Nachrichtenagentur dpa