Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Deutschlands Dialekte Das raanste Hochdeutsch? Kokolores!
Viele behaupten, in Hannover spreche man das reinste Hochdeutsch. Von wegen! Was Hannöversch wirklich ist und warum es fast vergessen wird.
Dialekte? Bei der Jugend heute fast ausgestorben: Nur fünf Prozent der unter 24-Jährigen sprechen überhaupt noch Mundart – während die Älteren sie mit Stolz pflegen. Und ausgerechnet in Hannover, wo angeblich das reinste Hochdeutsch gesprochen wird, geht ein fast unbekannter Dialekt allmählich verloren: Hannöversch. Niedersachsen landet im Ranking der Bundesländer mit seinem Anteil an Dialektsprechenden auf dem letzten Platz.
Doch Pustekuchen! Hannöversch ist keine vergessene Legende aus grauer Vorzeit, sondern eine echte Sprache, die vor den Toren Hannovers zumindest noch leise überlebt – vorerst. Die Zahl der Sprecher wird jedoch immer kleiner, und so droht dieser Dialekt langsam auszusterben.
Mit dem Verschwinden von Hannöversch geht auch ein Stück einzigartiger Sprachkultur verloren, das Hannover so besonders macht. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet hier das berühmte "-ei" so große Schwierigkeiten bereitet? Statt des perfekten Hochdeutschs wird hier das "raanste Hochdeutsch" gesprochen. Und das macht Hannöversch so unverwechselbar.
Hannöversch: Mehr als nur Hochdeutsch
Hannöversch stammt vom Calenberger Platt, einer Färbung der ostfälischen Mundart. Einst eine Sprache der Bauern, hat sie sich in der Großstadt zu einem urbanen Slang entwickelt. Früher weit verbreitet, ist die Sprache heute kaum noch zu hören. Es ist fast, als würde eine alte Melodie leiser werden, bis sie irgendwann ganz verstummt – weil niemand mehr die Noten kennt.
Selbst die typisch hannöverschen Begriffe verschwinden allmählich aus dem Alltag. Eine kleine Kostprobe gefällig? Nicht-Hannoveraner stutzen, wenn sie auf 'ne Runde "krökeln" eingeladen werden: einer Partie Tischfußball. Während der Rest der Republik auf dem Bolzplatz kickt, bleibt’s hier der "Boker". Und Bonbon? Das ist hier bei uns in Hannover der "Bollo".
Ein Dialekt verschwindet
Der britische Reise-Humorist Jerome K. Jerome schrieb im Jahr 1900: "Nach Hannover sollte man gehen, heißt es, um das beste Deutsch zu lernen. Der Nachteil ist, dass außerhalb Hannovers (...) keiner dieses beste Deutsch versteht." Heute könnte man hinzufügen: Bald versteht es auch in Hannover niemand mehr, weil der Dialekt leise stirbt.
Sprachliche Eigenheiten: So klingt Hannöversch
Der Hannoveraner spricht das "A" meistens wie "ÄÖ" aus, das "E" klingt wie "Ä" und wird oft sehr gedehnt (Schwäärt, Pfäärd). Das "S" vor Konsonanten wird scharf ausgesprochen, fast wie ein kleines "Sch". Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, hängen wir Hannoveraner im Plural einfach mal überall ein "S" an: "Ich war mit die Kerls in die Parks unterwegs."
Das ist alles neu für Sie? Dann kommen Sie uns gerne als Butjer (früher ungebetene Gäste, die "von buten rin", also von draußen hereinkamen) besuchen. Lassen Sie sich von den letzten Sprechern des Hannöversch auf eine "Lütje Lage" einladen. Das Trinkvergnügen werden Sie so schnell nicht vergessen – und wer weiß, vielleicht helfen Sie dabei, den Dialekt ein wenig länger am Leben zu halten.
Es wäre wirklich schade, wenn diese Eigenheiten einfach verschwinden würden. Dialekte sind schließlich mehr als nur witzige Sprachfärbungen – sie sind Identität, Geschichte und Kultur. Sie zu verlieren, wäre wie ein altes Fotoalbum wegzuwerfen, das uns ein Stück unserer eigenen Vergangenheit zeigt.
- Studie von Babbel und Meinungsforschungsinstitut YouGov "Deutschlandweite Studie zeigt: Immer weniger junge Deutsche sprechen Dialekt" (vorab per E-Mail)
- so-klingt-deutschland.de: Hannoverscher Dialekt
- Eigene Recherche
- "Mein Gott! Da sieht es sauber aus! Eine literarische Zeitreise durch Hannover" (Heiko Postma, jmb- Verlag Hannover)