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Hamburg: Die Bezirksabgeordnete sind zu gierig | Pro und Kontra


Höhere Aufwandsentschädigung
Sattes Plus im Bezirk: Hamburgs Politiker sind zu gierig


Aktualisiert am 04.07.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

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Hamburg erhöht die Bezüge der Kommunalpolitiker – ist das gerechtfertigt? (Quelle: IMAGO/S. Ziese)

Die Bürgerschaft hat die Aufwandsentschädigung der Abgeordneten der Bezirksversammlungen deutlich erhöht. Eine angemessene Anpassung – oder ist der Zuschlag zu gierig?

Das war ein ordentlicher Schluck aus der Pulle: Die Bürgerschaft gewährt den Bezirksabgeordneten eine deutlich höhere Aufwandsentschädigung. Statt 560 Euro pro Monat bekommen die Kommunalpolitiker künftig für ihr ehrenamtliches Engagement in der Bezirksversammlung 1.054 Euro. Dazu kommen Pauschalen, beispielsweise für die Kinderbetreuung von rund 30 Euro pro Sitzung. Wer die Fraktion führt oder zusätzliche Ämter übernimmt, kann auf mehr als 3.000 Euro kommen. Dazu kommen noch weitere Pauschalen, wie Extra-Geld für Babysitter oder IT-Kosten. Und das alles für einen Job, der eigentlich nur ein Nebenjob sein sollte.

Sind solch hohe Bezüge gerechtfertigt? Oder übertreiben es die Feierabend-Parlamentarier?

Pro
Katharina Grimm
Katharina GrimmHead of Regio Nord

Kommunalpolitiker müssen anständig bezahlt werden

Hand aufs Herz: Wer hat noch Lust, kommunale Politik zu machen? Gerade einmal acht Prozent könnten sich in Hamburg laut einer NDR-Umfrage ein politisches Mandat vorstellen. Vier Prozent haben sogar schon eines inne. Oder anders gesagt: 88 Prozent haben keinen Bock auf Politik.

Dass sich immer weniger Menschen für ein solches Amt interessieren, liegt nicht nur an der zusätzlichen Belastung im Alltag. Sondern auch an den Angriffen, denen Politiker inzwischen ausgesetzt sind. Das Problem sind mangelnde Achtung vor den Würdenträgern und eine hohe Erwartung an ihre Arbeit – trotz des Ehrenamts.

In dieser Gemengelage ist zumindest der Ausblick hocherfreulich, dass nicht auch noch finanzielle Nachteile entstehen. Denn viele Abgeordnete reduzieren ihre Arbeitszeit im Hauptjob, um ordentliche Arbeit im Parlament zu leisten. Einige brauchen Kinderbetreuung, um überhaupt an Sitzungen teilnehmen zu können.

Denn wer seinen Job in einer Hamburger Bezirksversammlung ernst nimmt, liest Protokolle und Anträge, sammelt Hintergrundinformationen zu Entwicklungen in den Stadtteilen, sitzt in mehreren Ausschüssen. Das bedeutet mindestens zwei feste Termine pro Woche und weitere monatliche Treffen. Dazu kommen Einladungen von Initiativen, Bürger- und Sportvereinen – und das auch am Wochenende. Und: Wer im Parlament sitzt, erweckt schnell den Eindruck, immer für die Bürger erreichbar sein zu müssen. Also steht das Diensthandy selten still.

Dafür gibt es nun in Hamburg mehr Geld. Das mag zunächst nach einer unverhältnismäßigen Erhöhung aussehen. Doch in Zeiten, in denen Nachwuchs auf kommunaler Politikebene zur Mangelware wird, ist es ein richtiges Zeichen: Uns ist Demokratie etwas wert.

Und im Vergleich mit anderen Städten sind die Aufwandsentschädigungen überschaubar. In München etwa verdienen die 81 Mitglieder des Stadtrats in einfacher Funktion rund 2.900 Euro, die Fraktionsleitung bekommt 4.500 Euro. Laut der Abendzeitung erhalten die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen sogar 5.720 Euro. Dagegen sind die Hamburger Kommunalpolitiker ein echtes Schnäppchen.

Kontra
Markus Krause, Regio-Redakteur für Hamburg.
Markus KrauseRedakteur Regio Nord

Hamburgs Politiker bekommen den Hals nicht voll

Gute politische Arbeit muss entsprechend bezahlt werden. Das steht außer Frage. Aber es darf nicht vergessen werden, dass es sich hier um ein ehrenamtliches Engagement handelt. So wie es zeitlich seine Grenzen hat, muss es das auch finanziell haben.

Hamburgs Politiker, sowohl auf Bezirks- als auch auf Landesebene, bekommen künftig noch einmal 1.000 Euro oder mehr steuerfrei auf die Hand. Das verfehlt sein Ziel. Auch wenn ein Kommunalpolitiker seine Tätigkeit neben seinem normalen Beruf ausführt – und dadurch möglicherweise Ausfälle an anderer Stelle hat – muss irgendwo eine Grenze gezogen werden. Schließlich handelt es sich hier um ein Teilzeitparlament.

Vorsitzende einer Bezirksfraktion sollen künftig sogar mehr als 3.000 Euro bekommen. Das ist deutlich überzogen. Man kann Fraktionsvorsitzenden sicherlich zugutehalten, dass sie eine höhere Arbeitsleistung haben als der normale Feierabend-Parlamentarier. Auf der anderen Seite gibt es aber so viele Hamburger, die es nie im Leben schaffen, in einem Vollzeitjob 3.000 Euro netto zu verdienen.

Wer sich ehrenamtlich engagiert, dem sollte es grundsätzlich nicht ums Geld gehen. Gerade im sozialen Sektor oder in Vereinen sind viele Menschen tätig, die für ihre Arbeit nicht einen Cent bekommen. Wenn ehrenamtliches Engagement zu hoch entschädigt wird, ist es keins mehr. Dann ist es ein Nebenjob – und der ist nur bis 538 Euro im Monat steuer- und sozialabgabenfrei.

So wirkt es, als wollten sich Politiker die Taschen nur noch voller machen. Bürgernähe sieht anders aus. Und das sollte eigentlich die Aufgabe eines Bezirkspolitikers sein.

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