Tödlicher Streit unter Rockern? Zwei Tote in Hamburg: Was bislang bekannt ist
In Hamburg erschießt ein Mann einen anderen in dessen Vorgarten – und richtet den Revolver anschließend gegen sich selbst. Ist ein eskalierter Rocker-Streit der Grund?
In der Nacht zu Sonntag sind im Hamburger Stadtteil Langenhorn zwei Menschen durch Schüsse verletzt worden. Bei einem der Toten, einem 50-Jährigen, handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um den mutmaßlichen Schützen. Er soll nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen den anderen Mann, einen 42-Jährigen, mit mehreren Schüssen getötet haben. Daraufhin erschoss er sich selbst, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg sagte.
Die Hintergründe der Tat sind auch am Montag noch unklar. Die Polizei hat Ermittlungen wegen eines Tötungsdelikts aufgenommen. Derweil verdichten sich die Anzeichen, dass die beiden Toten direkte oder indirekte Verbindungen zu den "Hells Angels" hatten.
Streit zwischen "Hells-Angels"-Kollegen in Hamburg eskaliert?
Bei dem 42-Jährigen handelt es sich um Danny A., einen Rocker der "Hells Angels". Am Sonntag veröffentlichte das "Charter Nassau" – so werden Ortsgruppen des jeweiligen Clubs der "Hells Angels" genannt – in einer Traueranzeige ein Foto von ihm auf Instagram. "Wir werden dich nie vergessen, Bruder", hieß es dazu. Dass A. kein unbeschriebenes Blatt war, darauf deuten gleich mehrere Zeichen hin.
Auf der Jacke, die A. auf dem vom "Charter Nassau" veröffentlichten Foto trägt, sind die Badges "Filthy Few", "Dequiallo" und "Nomads" zu sehen. Der "Filthy Few"-Patch verweist auf die Tötung eines Menschen, das "Dequiallo"-Abzeichen wird an Mitglieder verliehen, die gewalttätig gegenüber einem Polizisten geworden sind. Bei "Nomads" handelt es sich um Rocker, die zwar einem Club, aber keinem Charter angehörigen.
Harry F. soll Schulden bei Danny A. gehabt haben
A. stammt nach t-online-Informationen aus Mannheim und war offenbar nach Hamburg gekommen, um Schulden bei dem 50-jährigen mutmaßlichen Todesschützen, Harry F., einzutreiben. Laut "Abendblatt" soll es um mehr als 40.000 Euro gegangen sein.
Nach t-online-Informationen bewahrte F., der in der Szene auch als "Harry, der Grieche" bekannt sein soll, auch Wertsachen wie Uhren für seinen besten Freund A. auf, weil dieser in Haft gesessen hatte. A. soll erst in diesem Monat aus dem Gefängnis entlassen worden sein.
Offenbar gerieten die beiden Männer in einen Streit, nachdem A. bei der Wohnanschrift des 50-Jährigen in Hamburg-Langenhorn aufgetaucht war. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei soll F. plötzlich einen Revolver gezogen und mehrfach auf den 42-Jährigen geschossen haben. Anschließend richtete er die Waffe gegen sich selbst. Danny A. hinterlässt zwei Kinder, wie es in einem Beitrag des "Charter Nassau" am Montag heißt.
Warum erschoss sich Harry F. nach der Tat?
Warum er sich nach der Tat selbst umbrachte, darüber herrscht noch Unklarheit. Wie die "Mopo" aus Ermittlerkreisen erfahren haben will, soll der 50-Jährige schon länger darüber nachgedacht haben, sich das Leben zu nehmen.
Eine andere Möglichkeit: Sollten beide Männer tatsächlich einem Rockerclub angehört haben, würde es sich laut "Abendblatt" um "Schulden unter Brüdern" handeln, was ein schweres internes Vergehen ist.
Möglich, dass F. nach dem Mord an Danny A. nicht vor Racheakten verschont geblieben wäre und er deshalb um sein Leben fürchtete.
Streitigkeiten im Rockermilieu gibt es immer wieder
Streitigkeiten dieser Art im Rockermilieu, auch innerhalb gleicher Clubs, sind keine Seltenheit. 2013 wurde in Horn an der Rennbahnstraße dem Hells Angel Tim B. in den Bauch geschossen – offenbar von einem Rocker-Kollegen. Auch in diesem Fall soll es um Geld gegangen sein.
Im Jahr 2018 wurde zudem ein Mordversuch auf Dariusch F., damals Chef des Hamburger "Southport"-Charter der "Hells Angels", verübt. Während er in seinem Auto saß, trat Arash R. – ein ehemaliges Mitglied der Rockergruppe "Mongols" – an das Fahrzeug heran und schoss mehrfach auf diesen. F. sitzt seitdem im Rollstuhl.
Zwar ging es bei dem Fall nicht um Rivalitäten von Rockergruppen, weil sich die Mongols zu dem Zeitpunkt in Hamburg bereits aufgelöst hatten, jedoch vermutete der Schütze laut "Abendblatt" F. als Auftraggeber eines Anschlags aus der Vergangenheit, bei dem auf ihn ebenfalls geschossen worden war. R. wurde im April 2020 zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, die er in einer psychiatrischen Anstalt verbringt.
Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.
- abendblatt.de: "Schüsse Langenhorn: Warum tötete Harry F. (50) Danny A. (42) und sich selbst?" (kostenpflichtig)
- mopo.de: "Hinrichtung in Hamburg: Streit im Rocker-Milieu? Das sagt ein Insider" (kostenpflichtig)
- Eigene Recherchen