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Frankfurter Buchmesse mit Hengameh Yaghoobifarah: "Schwindel" vom Gendern?


Neuer Roman von Hengameh Yaghoobifarah
"Es weiß nicht jeder, was ein Carport ist"


18.10.2024 - 15:03 UhrLesedauer: 3 Min.
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Hengameh Yaghoobifarah: "Ein besseres Leben für alle".Vergrößern des Bildes
Hengameh Yaghoobifarah: "Ein besseres Leben für alle". (Quelle: Lior Neumeister)

Mit einem Artikel über die Polizei verärgerte Hengameh Yaghoobifarah einst Horst Seehofer. Nun gibt es einen neuen Text, der die Gemüter erregt.

Im Juni 2020 fordert Hengameh Yaghoobifarah in der Taz-Kolumne "All Cops are berufsunfähig" die Abschaffung der Polizei aufgrund von internen rassistischen Strukturen. Der Text löste eine Debatte aus, die selbst hochrangige Politiker erzürnen ließ. So wollte etwa der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer Anzeige gegen den "unsäglichen Artikel" erstatten. Am Ende entschied die Berliner Staatsanwaltschaft, kein Ermittlungsverfahren gegen Yaghoobifarah einzuleiten, da die Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen sind.

2021 veröffentlicht Yaghoobifarah den Debüt-Roman "Ministerium der Träume" über die enge Beziehung zweier Schwestern und zeigt auch darin rassistische Strukturen und Diskriminierungsformen in der Gesellschaft auf. Der Ton ist rau und deutlich.

Yaghoobifarah kann nicht nur Systemkritik äußern, sondern beherrscht auch die großen Gefühle. Das beweist der neue Roman "Schwindel": Vier Menschen sind ausgeschlossen auf einem Hochhausdach und verhandeln dort queere Liebesbeziehungen und Identitäten. Es geht um Lügen, Entscheidungen, die Gefangenschaft in patriarchalen Strukturen und den Umgang mit Traumata. Am 19. Oktober um 20 Uhr stellt Yaghoobifarah den Roman im Rahmen der Frankfurter Buchmesse bei Open Books vor.

Warum "Schwindel" polarisieren kann und was Besucherinnen und Besucher bei der kostenlosen Lesung im Frankfurter Kunstverein erwarten können, das erklärt Yaghoobifarah selbst im Gespräch mit t-online.

t-online: Hengameh Yaghoobifarah, wann haben Sie zuletzt geschwindelt?

Hengameh Yaghoobifarah: Neulich habe ich meinem Hund, als er mehr Leckerlis wollte, gesagt, es gebe keine mehr – obwohl es noch welche gab. Er hatte schon genug. Ich weiß nicht, ob das schon als Schwindel zählt.

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Sie schreiben in der Widmung "Für die Schwindelnden und die, die sie halten". Richtet sich Ihr Roman an Menschen, die notorische Lügner sind?

Gemeint sind Leute, die Lügen erzählen und diejenigen, die das hinnehmen und sie nicht verurteilen für ihren Bullshit. Oder es sind Leute, denen schwindelig ist, weil sie überfordert und verliebt sind. Und die, die sie halten, sind dann die, die für sie da sind. Das Buch ist aber auch für meine Friends, weil es in einer Welt spielt, in der sie zuhause sind.

Ihre Sprache ist deftig. Gleichzeitig ist sie für viele Menschen unverständlich: Sie verwenden Anglizismen, Begriffe aus der queeren Community, Sie gendern – auch in Ihren Lesungen. Ist Ihnen das egal?

Es gibt in jeder Subkultur oder in jedem Milieu Referenzen und Sprachen oder Wörter, die nicht jedem etwas sagen. Es weiß auch nicht jeder, was ein Carport ist. Aber niemand würde auf die Idee kommen, einen Carport zu erklären. Selbst wenn das einfach nur ein Satz ist: Das Auto wird im Carport geparkt. Wenn man die Begriffe nicht versteht, kann man sie googeln.

In Ihren Texten stellen Sie Identitätsfragen, zeigen Diskriminierungsformen auf. Sie selbst identifizieren sich als nicht-binär, als nicht ausschließlich dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugehörig. Was bedeutet Ihr eigenes Queer-Sein für Ihr Schaffen?

Für mich hat Queerness damit zu tun, zu hinterfragen. Klar spielen Gender und Begehren rein. Nicht jeder, der Dinge infrage stellt, ist automatisch queer. Aber es bedeutet aus dieser Nicht-hetero-, Nicht-System-Perspektive heraus gesellschaftliche Gegebenheiten, sich selbst und das eigene Denken zu hinterfragen. Sich zu trauen, kritisch zu denken. Sich ein besseres Leben für alle nicht nur vorzustellen, sondern auch danach zu streben.

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