Zu lange Verfahren Hessen: 13 Verdächtige aus U-Haft entlassen
Wenn sich ein Gerichtsverfahren zu lange hinzieht, kommen Tatverdächtige wieder frei. Hessen liegt dabei bundesweit inzwischen auf Platz zwei.
Verdächtige, die aufgrund zu langer Strafverfahren aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, nehmen in Hessen und ganz Deutschland zu. Diese alarmierende Entwicklung geht aus Zahlen des Deutschen Richterbundes hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
In Hessen wurden im vergangenen Jahr 13 Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen, was einem deutlichen Anstieg im Vergleich zu 2021 und 2020, in denen es jeweils nur zwei Fälle gab, entspricht. Bundesweit gab es 2022 nur in Bayern (15 Fälle) mehr vorzeitige Entlassungen aus der Untersuchungshaft als in Hessen.
Nach Angaben des Richterbundes gibt es in ganz Deutschland eine wachsende Zahl von Verdächtigen, die wegen zu langer Strafverfahren aus der U-Haft entlassen werden müssen. 2022 kamen demnach mindestens 73 Menschen aus diesem Grund frei.
Bundesweit fehlen 1.000 Staatsanwälte und Richter
Der Verband bezieht sich bei den Angaben auf eine Umfrage der Deutschen Richterzeitung bei den Justizministerien und Oberlandesgerichten der 16 Länder. 2021 hatten die Justizverwaltungen demnach 66 Fälle gemeldet, 2020 waren es 40.
Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, sieht aufwendigere Strafverfahren als einen Grund für diese Entwicklung: Die Strafgesetze werden demnach immer komplexer und das auszuwertende Datenvolumen steige sprunghaft – etwa in Fällen von Kindesmissbrauch, Organisierter Kriminalität oder bei Wirtschaftsdelikten.
"Zum anderen fehlt es der Strafjustiz bundesweit weiterhin an mindestens 1.000 Staatsanwälten und Strafrichtern", sagte Rebehn. Das habe zur Folge, dass selbst vorrangige Haftsachen nicht immer in den rechtsstaatlich gebotenen Fristen erledigt werden könnten.
- Nachrichtenagentur dpa