Fan-Aktionstag in Frankfurt Boykott der Fußball-WM: "Massenweise in Überarbeitungstod getrieben"
Katar steht vor der Fußball-WM wegen Menschenrechtsverstößen in der Kritik. Die Fanszene ruft zum Boykott auf und will über die politische Lage informieren.
Während Bundeskanzler Olaf Scholz am kommenden Wochenende unter anderem in das WM-Gastgeberland Katar aufbricht, steht in Frankfurt am Main ein Fan-Aktionstag unter dem Motto "Nicht unsere WM!" an. Ausrichter der Podiumsdiskussionen am Samstag um 18 Uhr sind das Netzwerk von "Nie wieder!", das Fanbündnis "Unsere Kurve", der Verein Gesellschaftsspiele aus Berlin und die Initiative "Boycott Qatar".
Katar steht vor dem WM-Turnier vom 20. November bis 18. Dezember wegen Menschenrechtsverstößen und des Umgangs mit Arbeiterinnen und Arbeitern aus anderen Ländern schon lange in der Kritik. In der Vergangenheit war es auch zu tödlichen Unfällen auf den Baustellen gekommen. Die Regierung des Emirats verweist auf eigene Reformen und weist Teile der Kritik zurück.
Für Dario Minden, Sprecher von "Unsere Kurve", gehe es grundsätzlich bei den Protesten und im Kampf gegen die Akzeptanz dieser WM darum, "dass Menschen zur Ermöglichung eines WM-Turniers entrechtet und massenweise in den Überarbeitungs-Hitzetod getrieben wurden. Es geht um fehlende Pressefreiheit und schlimmste Diskriminierungsformen gegenüber Frauen und der LGBTIQ*-Community. Und dass all dies der Fußballbranche in ihrer Spitze egal zu sein scheint, wenn die Geldbündel, mit denen gewedelt wird, nur dick genug sind. Es geht um einen moralisch verkommenen Sport, der sich noch vor jeden Karren spannen lässt."
Arbeiter der Baustellen in Katar berichten in Frankfurt
Bei der Podiumsdiskussion am Samstag im Haus am Dom sind zwei Gesprächsrunden geplant. In der ersten Runde sind ehemalige Arbeiter sowie Gewerkschafter aus Katar dabei und berichten über die Arbeitsbedingungen auf den Baustellen während des Baus der Stadien. In der zweiten Runde befassen sich die Teilnehmenden über die Notwendigkeit und Form der Proteste.
Auf dem Podium sitzen neben Vertreterinnen von Amnesty International und dem Netzwerk Frauen im Fußball der ehemalige Bundesliga-Manager vom 1. FC Köln, Andreas Rettig.
Anfang der Woche hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einen Kongress zu Katar mit Experten ausgerichtet. Abdulla Mohammed al Thani, der Botschafter Katars in Deutschland, betonte dabei, sein Land stehe seit zwölf Jahren im Fokus und habe viele Veränderungen angestoßen. Die Situation sei "noch nicht perfekt", der Wandel brauche Zeit: "Es ist nicht bei 100 Prozent, es ist eine Reise."
Minden zu Katar-Botschafter: "Ich habe Sex mit anderen Männern"
Eine bewegende Szene spielte sich ab, als sich Fan-Vertreter Minden aus Frankfurt direkt an den Botschafter wandte und ruhig, aber bestimmt auf Englisch sagte: "Ich bin ein Mann, und ich liebe Männer. Ich habe Sex mit anderen Männern. Das ist normal. Gewöhnen Sie sich daran oder verschwinden Sie aus dem Fußball." Der Appell sorgte für viel Aufsehen im Netz.
Das "Skandal-Turnier", mahnt "Unsere Kurve", dürfe nicht ohne Protest und kritische Begleitung aus der Zivilgesellschaft vonstattengehen. Nach Angaben von Sprecher Minden planen viele Vereine alternative Veranstaltungen parallel zu den sportlichen Höhepunkten der WM wie Debatten über das Turnier und das Land oder über andere fanpolitische Themen oder Lesungen.
- "boycott-qatar.de": Podiumsveranstaltung Katar 2022 – Nicht unsere WM!
- Nachrichtenagentur dpa