Erfurt Betrugsverdacht: Mitarbeiter von Umweltbehörde angeklagt
Gegen einen ehemaligen Mitarbeiter einer Landesbehörde in Jena hat die Staatsanwaltschaft Erfurt Anklage wegen Untreue- und Betrugsverdachts in besonders schwerem Fall erhoben. Es gehe um zwölf strafrechtlich relevante Fälle mit einem möglichen finanziellen Schaden für das Land von etwa 570.000 Euro, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Hannes Grünseisen, am Dienstag auf Anfrage. Zuerst hatte MDR Thüringen über den Fall berichtet.
Die FDP im Landtag sprach von einem Skandal und verlangte Informationen von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) im Umweltausschuss des Parlaments.
Der Angeklagte arbeitete zuletzt beim Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz und soll für Gewässer- und Hochwasserschutz zuständig gewesen sein. Der Vorwurf lautet, dass er zwischen 2017 und 2019 über ein wahrscheinlich von ihm gegründetes Planungsbüro - möglicherweise eine Briefkastenfirma - Aufträge und viel Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet hat.
Gegen seinen Vater sei Anklage wegen Beihilfeverdachts erhoben worden, sagte Grünseisen. Über ein Geschäftskonto des Vaters, der laut MDR einen Handwerksbetrieb haben soll, seien die Zahlungen geflossen und teilweise an den Sohn weitergereicht worden.
Das Umweltministerium bestätigte den Betrugsverdacht gegen den Mitarbeiter. Der Fall sei im Zuge der Neuorganisation des heutigen Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz aufgedeckt und von der Behörde angezeigt worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Andere Mitarbeiter als zuvor seien mit den Aufträgen und Zahlungen im Bereich Gewässerschutz befasst gewesen - sie hätten Verdacht geschöpft, dass es dabei zu strafbaren Handlungen gekommen sein könne.
Der Mitarbeiter, der jetzt angeklagt wurde, ist nach Angaben des Ministeriumssprechers seit geraumer Zeit vom Dienst suspendiert. Zu Details wollte sich das Ministerium mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz war durch Fusion mehrerer Behörden Anfang 2019 entstanden.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sollen insgesamt Aufträge in Höhe von 1,7 Millionen Euro an das Planungsbüro des Beschuldigten gegangen sein. Für einen Teil der Gelder soll die Firma keine realen Leistungen erbracht haben. Nicht alle Fälle seien jedoch strafrechtlich relevant, erklärte Grünseisen. Nach seinen Angaben wurde Anklage gegen Sohn und Vater beim Amtsgericht Erfurt erhoben.
Der FDP-Abgeordnete Dirk Bergner erklärte: "Wenn die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft auch nur ansatzweise stimmen, ist das mehr als nur ein Hauch von Bananenrepublik." Er sprach von anscheinend korrupten Auftragsvergaben. Es stelle sich bei dem Fall nicht nur die Frage nach der Verantwortung des direkten Vorgesetzten des Beschuldigten und des damaligen Präsidenten des Landesamtes, sondern auch der der Ministerin, äußerte Bergner.
Nach dem MDR-Bericht hatte es im Dezember 2021 Durchsuchungen von Polizei und Staatsanwaltschaft bei den jetzt Angeklagten gegeben. Der Anwalt des betroffenen Beamten sagte dem Sender, dass sein Mandant sich zur Anklage nicht öffentlich äußern wolle. "Wir werden, wie vom Gericht gewährt, bis Ende April zur Anklage der Staatsanwaltschaft Position beziehen."