Erfurt Thüringer Wirtschaft blickt mit Sorgen auf 2022
Die Thüringer Wirtschaft blickt verhalten auf dieses Jahr. Zwar sei die Grundstimmung der Unternehmen etwas positiver als 2021. Dennoch sei 2022 ein Jahr der vielen Fragezeichen, sagte der Präsident des Verbandes der Wirtschaft Thüringens (VWT), Hartmut Koch, am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahresumfrage der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände. Der Aufschwung komme nicht in Fahrt, und die Produktion halte der Nachfrage nicht stand.
Der Umfrage zufolge hat die Auslastung der Betriebe noch nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Rohstoffmangel und Lieferengpässe drückten auf die Erträge. Sinkende Gewinne und steigende Kosten etwa für Energie würden wiederum die Luft für Investitionen nehmen, hieß es. In einigen Bereichen drohe eine Investitionslücke.
Nach der jüngsten Konjunkturumfrage der Erfurter und der Geraer Industrie- und Handelskammer (IHK) rechnen rund ein Drittel der Betriebe in Mittel-, Nord- und Ostthüringen für das laufende Jahr mit schlechter laufenden Geschäften. "Je kleiner die Unternehmen sind, umso größer die Probleme", sagte IHK-Erfurt-Geschäftsführerin Cornelia Haase-Lerch am Donnerstag in Erfurt.
Noch vor den Folgen der Corona-Krise prägten die gestiegene Preise für Energie und Rohstoffe der Umfrage zufolge die aktuelle Situation. "Der Anteil der Unternehmer, die diesen Faktor als Risiko angeben, liegt inzwischen bei fast 75 Prozent und damit so hoch wie noch nie seit Beginn der Befragung im Jahr 2011", sagte Haase-Lerch. Hinzu kämen andauernde dramatische Engpässe bei Material und Fachkräften.
"Die Unternehmen sind aus unserer Einschätzung ein ganzes Stück davon entfernt, dass wir wieder von einer normalen Situation sprechen können", so Hasse-Lerch. Die angestrebte konjunkturelle Erholung werde ein langjähriger und steiniger Prozess.
Trotz Corona-Krise und gebremster Erholung im vergangenen Jahr hielten 80 Prozent der befragten Firmen dennoch an ihren Beschäftigten fest, betonte VWT-Präsident Koch. Knapp 70 Prozent der Betriebe bildeten weiter aus. Die Suche nach geeigneten Fachkräften bleibe aber die größte Herausforderung für die Thüringer Wirtschaft. Erwarten laut der Umfrage in diesem Jahr noch 60 Prozent der Befragten, ihren Fachkräftebedarf decken zu können, so seien es mit Blick auf die kommenden fünf Jahre nur noch um die 20 Prozent.
Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften kann nach Ansicht von Verbandschef Koch nur mit Zuwanderung und der schnellen beruflichen Integration von bereits hier lebenden ausländischen Arbeitnehmern gedeckt werden. "Der Wirtschaftsstandort Thüringen braucht geordnete, strukturierte Zuwanderung."
Die drei Thüringer IHK forderten, bei auch bei hohen Corona-Infektionszahlen auf weitere Verschärfungen zu verzichten, Lockerungen einzuleiten und neue Corona-Verordnungen auf maximal zwei Wochen zu begrenzen. Die G-Regelungen gingen laut IHK vor allem zulasten der kleinen Läden. Auch die angekündigte 3G-Regelung (geimpft, genesen oder getestet) hebe die Ungleichbehandlung nicht auf. "Aus unserer Sicht müssen die G-Regeln im Einzelhandel komplett fallen", sagte Haase-Lerch.
Zudem forderte der VWT die Landesregierung auf, sich für die Reduzierung der staatlich verursachten Bestandteile der Energiekosten beim Bund stark zu machen. "Die hohen Energiekosten sind ein Riesenproblem für Thüringer Firmen", sagte Koch. Die Betriebe verlören ihre Energieversorger, Verträge würden gekündigt.
Trotz der aktuellen Verschlechterung blieb eine kleine Gruppe der befragten Unternehmen für 2022 optimistisch. "Wir glauben, dass wir das Vorkrisenniveau dieses Jahr wieder erreichen", schätzte etwa der Geschäftsführer der Schachtbau Nordhausen GmbH, André Ponndorf, die Lage ein. "Aus heutiger Auftragslage müsste es schaffbar sein."