Erfurt Viele Freizeitstätten müssen schließen: Gastro-Sperrstunde
Angesichts der angespannten Corona-Lage in Thüringen hat das Kabinett weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen. Clubs, Bars und Diskotheken sollen demnach geschlossen werden, Weihnachtsmärkte werden verboten und in der Gastronomie soll eine Sperrstunde um 22 Uhr gelten, wie Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) am Dienstag in Erfurt bekannt gab. Auch Schwimmhallen, Freizeitbäder, Saunen und Thermen müssen schließen. Ausnahmen gibt es für den Schulsport.
Die neue Corona-Verordnung unterscheidet teils stark nach dem Impfstatus der Menschen. So wird für diejenigen, die weder geimpft noch von einer Covid-19-Erkrankung genesen sind, eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr gelten. Auf Ungeimpfte kommen zudem Kontaktbeschränkungen zu. Außerdem gilt ab Mittwoch in sehr vielen Bereichen des öffentlichen Lebens eine 2G-Regelung.
Das bedeutet, dass dort nur noch Geimpfte oder Genesene Zugang haben. Auch im Einzelhandel wird 2G zur Pflicht. Ausgenommen sind Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Apotheken oder Drogerien.
In einigen Bereichen reicht künftig selbst der 2G-Nachweis allein nicht mehr aus. So gilt fortan in geschlossenen Räumen von Fitnessstudios 2G plus. Hier müssen auch Geimpfte noch einen negativen Corona-Test vorzeigen.
Werner begründete die "harten und drastischen" Maßnahmen, wie sie sagte, unter anderem mit der Belastung des Gesundheitssystems. Man werde in den nächsten Tagen dazu kommen, dass Krankenhauspatienten von Thüringen in andere Bundesländer verlegt werden müssen. Im Kabinett habe man sich daher darüber ausgetauscht, was nötig ist, um "das Gesundheitssystem nicht nur zu entlasten, sondern vor einem Kollaps zu bewahren".
Man müsse die Infektionswelle stoppen, betonte die Ministerin. "Vor allem ist es notwendig, Kontakte bei ungeimpften Menschen zu minimieren." Sie seien am meisten gefährdet schwer an Covid-19 zu erkranken und auf einer Intensivstation behandelt werden zu müssen.
Thüringen gehört zu den am stärksten von der aktuellen Corona-Infektionswelle getroffenen Bundesländern. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Dienstag bei 685,3 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche.
Als besonders bedenklich gilt die Situation in den Krankenhäusern des Landes. Mit Stand vom Dienstag war mehr als ein Drittel der im Land verfügbaren Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt. Die Hospitalisierungsrate lag mit 18,3 Corona-Patienten pro 100.000 Einwohnern in einem Sieben-Tage-Zeitraum bundesweit mit Abstand am höchsten.
Mit einer Impfquote von 62 Prozent bei den vollständig Geimpften gehört Thüringen zur Schlussgruppe unter den Bundesländern. Die verschärften Corona-Regeln orientieren sich stark an den Maßnahmen, die das Nachbarbundesland Sachsen am Freitag verkündet hat und die dort schon seit Montag gelten.
Die neuen Regeln sollen am Mittwoch nach einem geplanten Beschluss des Thüringer Landtags zur Corona-Pandemie verkündet werden und noch am Mittwochabend in Kraft treten. Wann genau steht noch nicht fest. Einige Maßnahmen wie das Untersagen von Messen, Kongressen und Ausstellungen, die Ausgangssperre und die Sperrstunde sollen bis zum 15. Dezember gelten. Der Großteil der Regeln soll etwa vier Wochen gelten - bis zum 21. Dezember.
Die Thüringer CDU-Fraktion forderte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) auf, seine Strategie zur Corona-Pandemie im Parlament zu erklären. "Aus der derzeitigen Notlage kommt Thüringen nur, wenn die Landesregierung ihrer Verantwortung für schnellere Impfungen und flächendeckende Tests endlich gerecht wird", teilte die CDU-Fraktion mit. Zugleich betonte CDU-Fraktionschef Mario Voigt, die Pandemie dürfe nicht auf dem Rücken der Geimpften ausgetragen werden.
Thüringens Vize-Ministerpräsidentin Anja Siegesmund (Grüne) sprach sich für ein vom Land finanziertes Testen an den Kindergärten aus - eine Forderung, die auch die CDU-Fraktion erhebt.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Thüringen kritisierte die neuen Corona-Regeln, insbesondere die Sperrstunde. Zugleich forderte Thüringens Dehoga-Hauptgeschäftsführer Dirk Ellinger "weitere massive finanzielle Unterstützung".