Erfurt Gut 1200 Corona-Fälle: Im Herbst mehr Impfdurchbrüche
Thüringen nähert sich bei der Entwicklung der täglichen Corona-Neuinfektionen wieder dem Niveau der zweiten und dritten Pandemiewelle. Am Donnerstag meldeten die Gesundheitsämter landesweit 1256 neue Fälle, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Das ist der höchste Wert seit sechs Monaten. Höher war die Zahl der täglichen Neuinfektionen zuletzt am 22. April mit 1081. Im vergangenen Jahr war die Marke von 1000 neuen Ansteckungen pro Tag erst Anfang Dezember übertroffen worden. In diesem Herbst liegt Thüringen bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Tage darüber.
Die Gesundheitsämter meldeten außerdem weitere acht Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. Zudem nimmt die Zahl der mit Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten weiter zu. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei Neuinfektionen stieg auf 260,5 - sie ist die höchste bundesweit und doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt (130,2). Innerhalb Thüringens ist der Landkreis Gotha mit einer Inzidenz von 417,6 neuen Ansteckungen je 100.000 Einwohner binnen einer Woche am stärksten von steigenden Infektionszahlen betroffen; einen Sieben-Tage-Wert von unter 100 wies der Kreis Nordhausen (91) auf.
Der deutliche Anstieg bei den Infektionszahlen ist nach Einschätzung von Fachleuten auch ein Grund für die sich seit Herbstbeginn häufende Zahl von Menschen, die sich nach vollständiger Impfung mit dem Coronavirus infiziert haben und Symptome einer Covid-19-Erkrankung zeigen.
Wurden im August noch 149 sogenannte Impfdurchbrüche registriert, sind es im Oktober mit bislang 1571 etwa zehn Mal so viele, wie das Gesundheitsministerium auf dpa-Anfrage mitteilte. Seit Beginn der Impfkampagne traten bislang 2712 dieser Fälle auf. Das entspreche einem Anteil von 0,2 Prozent der knapp 1,26 Millionen Menschen in Thüringen mit bis zum 12. Oktober abgeschlossener Covid-Impfserie.
Als Impfdurchbruch gilt laut Ministerium nach den Kriterien des Robert Koch-Instituts eine Corona-Infektion mit klinischen Symptomen von Covid-19 ab 14 Tage nach der zweiten Impfung. Symptomlose Ansteckungen vollständig Geimpfter fallen nicht darunter.
Betroffen von Impfdurchbrüchen waren Menschen im Alter von 12 bis 103 Jahren, wobei ein gutes Drittel der Betroffenen älter als 60 Jahre war. Bis Mitte Oktober starben 23 Menschen, die nach doppelter Impfung positiv auf das Sars-CoV-2-Virus getestet worden waren. Angaben, ob Covid-19 oder eine eine andere Erkrankung die Todesursache war, lagen zunächst nicht vor.
"Je mehr Viren zirkulieren, desto mehr Infektionen und dann auch mehr Durchbrüche", erklärte der Leiter des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena, Mathias Pletz, die Zunahme von Covid-19-Fällen trotz doppelter Impfung. "Allerdings gehen Impfdurchbrüche in der Regel mit sehr milden Symptomen einher", betonte er. Die große Mehrheit der auf Intensivstationen mit Covid-19 behandelten Menschen sei ungeimpft.
Nach einer Übersicht des Gesundheitsministeriums waren in der vergangenen Woche von 14 neu auf Intensivstationen gemeldeten Corona-Patienten neun ungeimpft. Von den fünf vollständig Geimpften litten drei unter Vorerkrankungen. Das Ministerium weist seit einigen Wochen den Impfstatus von Infizierten und im Krankenhaus behandelten Corona-Patienten aus. Demnach betrug bei Ungeimpften die Sieben-Tage-Inzidenz bei Neuinfektionen 227,5; der Wert für Immunisierte wurde mit 59,7 angegeben. In Krankenhäuser wurden innerhalb der vergangenen Woche 54 Geimpfte und 69 Nichtgeimpfte neu aufgenommen.
Die Impfkampagne tritt in Thüringen seit Wochen auf der Stelle - über den vollständigen Impfschutz verfügen rund 60 Prozent der Bevölkerung; bundesweit sind es 66 Prozent.
Das Ministerium verwies zudem auf den zunehmenden zeitlichen Abstand zur Impfung. Nach bisherigen Erkenntnissen schützten die derzeit in Deutschland zugelassenen Impfstoffe bis zu sechs Monate "sehr wirksam" vor einer Covid-19-Erkrankung. Der Impfschutz schwäche sich danach graduell ab. Es gebe Hinweise darauf, dass dieser Effekt bei Menschen ab 65 Jahren stärker ausgeprägt ist als bei Jüngeren. In Thüringen laufen deshalb seit einigen Wochen Auffrischungsimpfungen, etwa in Pflegeheimen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Auffrischung unter anderem Menschen ab 70 Jahren und Klinikpersonal.