Erfurt Giftnotruf: Leberschäden und Koma nach Pilzvergiftungen
Der für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständige Giftnotruf in Erfurt hat in diesem Jahr bereits sechs schwere Pilzvergiftungen registriert. Vier Erwachsene hätten nach dem Verzehr von Knollenblätter- und ähnlich giftigen Pilzen Leberschäden davon getragen, sagte die Leiterin des Gemeinsamen Giftinformationszentrums, Dagmar Prasa, der Deutschen Presse-Agentur. Zwei weitere Patienten hätten wahrscheinlich Pantherpilze verspeist und seien danach ins Koma gefallen.
Im gesamten vergangenen Jahr hatte das Giftinformationszentrum nur einen schweren Vergiftungsfall bei einem Pilzsammler aus Mecklenburg-Vorpommern auf dem Tisch. Auch die meisten schweren Pilzvergiftungen in dieser Saison wurden aus dem Norden gemeldet, jeweils ein Fall kam aus Sachsen und aus Sachsen-Anhalt.
Insgesamt wählten wegen einer vermuteten Pilzvergiftung bis Oktober 229 Menschen den Giftnotruf in Erfurt. Das waren deutlich weniger Beratungsfälle als 2020. Im Corona-Krisenjahr erreichten das Zentrum 392 Anfragen wegen möglicher Pilzvergiftungen. 2019 - einem Jahr mit einer Pilzschwemme - erreichten das Zentrum sogar 474 Anrufe. Die Pilzsaison geht bis Ende November. Die meisten Pilzfälle, die in Erfurt beraten wurden, kamen auch in dieser Saison aus Sachsen (105), gefolgt von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils 42) und Sachsen-Anhalt (40).
Bei den Pilzvergiftungen handele es sich zumeist um Verwechslungen, sagte Prasa. Häufig werde der Karbolegerling oder der Knollenblätterpilz mit dem essbaren Champignon verwechselt. Auch Pantherpilze, die als vermeintliche Perlpilze verspeist werden, kommen den Experten vom Giftnotruf häufig unter. "Es gibt aber auch Leute, die in den Wald gehen und Pilze sammeln, weil sie schön sind - ohne diese zu kennen", sagte Prasa.
Der Pilzsachverständige der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, Stefan Fischer, sprach von einem bislang eigenwilligen Pilzjahr. Beliebte Speisepilze wie Maronen, Steinpilze und Birkenpilze seien in vielen Wäldern kaum und nur kurzzeitig zu finden gewesen. Diese Röhrenpilze lebten in Symbiose mit Bäumen.
"Wir hatten nur zum Schein reichlich Feuchtigkeit", verwies Fischer auf häufigen Starkregen, bei dem viel Wasser weggeflossen sei. So seien etwa in Sachsen und Südthüringen die Böden stellenweise zu feucht gewesen. Im Gegensatz dazu habe es etwa in Sachsen-Anhalt Gebiete mit zu trockenen Böden gegeben. Neben Wasser brauchen Pilze auch Wärme zum Wachsen.