Erfurt Von Nazis zerstörte Erfurter Synagoge virtuell rekonstruiert
83 Jahre nach ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten ist die Große Synagoge in Erfurt wieder erstanden - in virtueller Form. Jüdische Landesgemeinde und Landesregierung präsentierten am Mittwoch ein Internetportal mit 3-D-Modell des 1884 eingeweihten jüdischen Gotteshauses, das bei den antisemitischen Pogromen der Nationalsozialisten am 9. November 1938 verwüstet und in Brand gesetzt wurde. Ihre virtuelle Wiederherstellung ist einer der wichtigsten Programmpunkte im laufenden Themenjahr "900 Jahre jüdisches Leben in Thüringen". Es ist die erste auf diesem Weg rekonstruierte Synagoge in Thüringen.
Mithilfe einer Spezialbrille können die Nutzer sich in der Synagoge "bewegen". Sie können unter anderem den Schrein mit dem Gebetsbuch Tora, aus dem in jüdischen Gottesdiensten gelesen wird, anschauen. Neun Wissensstationen vermitteln Informationen zu Architektur und Geschichte des einst prachtvollen, im maurischen Stil errichteten Bauwerks mit der für Weltoffenheit stehenden hebräischen Inschrift "Denn mein Haus soll ein Gebetshaus für alle Völker genannt werden" über dem Hauptportal.
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Erfurter Geschichtsmuseen, der Universitäten Erfurt und Jena sowie der Fachhochschule Erfurt arbeiteten zusammen mit dem jüdischen Landesrabbiner Alexander Nachama an der Rekonstruktion. In der "echten" Realität steht an der Stelle des zerstörten Gotteshauses heute die Neue Synagoge, die am 31. August 1952 als einziger Synagogenneubau der DDR eingeweiht wurde. Dort, im Erinnerungsort Topf & Söhne und in der Geschäftsstelle der Thüringer Tourismus GmbH in Erfurt stehen Spezialbrillen für den virtuellen Synagogenbesuch kostenlos zur Verfügung. Die jüdische Landesgemeinde Thüringen hat nach Angaben ihres Vorsitzenden Reinhard Schramm heute 700 Mitglieder.